Zeitschrift 

Wasser

Wasser im Alltag
Fernwasserversorgung in
Baden-Württemberg
Wasser in der Landwirtschaft
und Industrie
Konflikte ums Wasser weltweit

 



 

Inhaltsverzeichnis

B 1 - B 26

Fernwasserversorgung in Baden-Württemberg

B1

"For d'Leit tät's scho no, aber's Vieh sauft's halt nemme!"

Von den Ursprüngen der Fernwasserversorgung in Baden-Württemberg

Bis weit in das vorige [19.] Jahrhundert hinein war in vielen Teilen des Landes eine öffentliche Trinkwasserversorgung ... nicht vorhanden. Die Menschen holten ihr Trinkwasser mühsam von Pump- oder Laufbrunnen. In Gegenden mit Wassermangel mussten die Bewohner oftmals auf Regenwasser zurückgreifen, das in Zisternen oder Senken gesammelt wurde.

Um die Jahrhundertwende soll ein besorgter Schultheiß von der Alb gesagt haben: "For d'Leit tät's ja scho no, aber's Vieh sauft's halt nemme!" Kein Wunder also, dass es in vielen Teilen des Landes Planungen und Projekte gegeben hat, um die Wassernot zu beheben. Sie alle beruhten auf dem Grundgedanken, Wasser von dort, wo es im Überfluss vorhanden ist, in die Wassermangelgebiete zu leiten ...

Der rasch ansteigende Wasserbedarf durch die Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts, insbesondere im mittleren Neckarraum, erforderte eine großräumige Lösung. Mit der Gründung der Landeswasserversorgung im Jahr 1912 durch Gesetz von König Wilhelm von Württemberg wurde die Idee der Trinkwasserfernversorgung erstmals in Deutschland in die Tat umgesetzt.

Die Wassernot in den Trockenjahren 1947 und 1949 sowie der zusätzliche Trinkwasserbedarf als Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg führte im Jahr 1954 zur Gründung des Zweckverbandes Bodensee-Wasserversorgung.

B2

Fernwasserversorgungssysteme

 

B3

Anschluss an die Fernwasserversorgung?

Der Fall: Die Stadt Wertheim im Main-Tauber-Kreis

Der Main-Tauber-Kreis gilt als wasserarme Region in Baden-Württemberg. Er ist zudem dünn besiedelt (weniger als 100 Einwohner je Quadratkilometer) und verzeichnet einen hohen Anteil an Landwirtschaft. Probleme bei der Wasserqualität bestehen vor allem bei der Härte, dem Nitratgehalt - der Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 50 Milligramm je Liter ist vielerorts überschritten - und der Belastung durch Pflanzenbehandlungsmittel, besonders Atrazin. 90 Prozent des Wasserbedarfs im Kreis werden durch eigene Quellen gedeckt, nur 10 Prozent durch Zuleitungen der Wasserversorgung Nordostwürttemberg (NOW) und der Bodenseewasserversorgung (BWV).

Um der hohen Nitratbelastung Herr zu werden, legte das Umweltministerium im November 1988 eine Konzeption zur Sicherstellung der Wasserversorgung im Kreis vor. Mit einem Kostenaufwand von rund 87 Millionen Mark [45 Millionen Euro] sollen insgesamt neun Gemeinden und vier Zweckverbände des Main-Tauber-Kreises an die Fernwasserversorgungsunternehmen Bodensee-Wasserversorgung (BWV) und den Zweckverband Wasserversorgung Nordostwürttemberg (NOW) angeschlossen werden. Dafür wollte die Landesregierung Zuschüsse in Höhe von 54 Millionen DM (27,6 Millionen Euro) geben. Das Land verband die Förderzusage mit der Verpflichtung der Gemeinden, trotz des Anschlusses an die Fernwasserversorgung ihre örtlichen und regional vorhandenen Trinkwassergewinnungsanlagen nicht nur zu erhalten, sondern langfristig zu sanieren.

Im Juli 1989 stimmte der Gemeinderat der größten betroffenen Gemeinde, Wertheim, dem Anschluss an die Bodenseewasserversorgung zu. Wertheims eigene Quellen im Ortsteil Dertingen litten unter der hohen Nitratbelastung von bis zu 45 Milligramm je Liter. Man wollte das eigene Wasser und das nitratarme Bodenseewasser im Verhältnis zwei zu eins mischen. Als Vorteile dieser Lösung wurden angeführt:

  • Die Nitratwerte im Wertheimer Trinkwasser werden um etwa die Hälfte gesenkt. Die Wertheimer Bevölkerung erhält schnell und nicht erst nach einer lange dauernden Grundwassersanierung gesundes Trinkwasser.
  • Die Stadt erhält neben den eigenen Brunnen ein "zweites Standbein" in der Trinkwasserversorgung und erhöht damit ihre Versorgungssicherheit.
  • Die Trinkwasserversorgung ist auch im Fall einer Gefährdung des Haupteinzugsgebiets Aalbachtal durch Giftunfälle auf der nahegelegenen Autobahn gesichert.
  • Das viel beklagte Problem der extrem hohen Wasserhärte in Wertheim wird gelöst. Der Wert wird von heute 24 auf etwa 16 Deutsche Härtegrade sinken.
  • Mit dem Anschluss an die BWV wird Wertheim seiner Verantwortung gegenüber kleineren Gemeinden in der Umgebung gerecht, deren Wasser ähnlich hohe Nitratwerte aufweist, die sich aber den Anschluss allein finanziell nicht leisten können.

Dietmar Herz; nach Stadt Wertheim (Hrsg.): Gutes Wasser für Wertheim. Informationen zum Bürgerentscheid. 1990, o.S.

 

B4

Niederschlagsmengen im deutschen Südwesten

B5

Fernwasser statt Brunnensanierung?

Das Beispiel: Buchen im Odenwald

Seit 1986 war Buchen an die Bodensee-Wasserversorgung (BWV) angeschlossen, zunächst bezog es 60 Prozent seines Wassers vom Bodensee und deckte den Rest aus eigenen Brunnen. 1995 beschloss der Gemeinderat, die Brunnen aufzugeben und nur noch Bodenseewasser zu nutzen.

Die Gründe hierfür waren vielfältig. Es war zu häufigen Fremdstoffeinspülungen gekommen, im Grund- und im Quellwasser waren Phenole nachgewiesen worden. Die Asphaltierung einer Straße durch das Wasserschutzgebiet erhöhte die Gefahr von Unfällen, die zu weiteren Schadstoffeinspülungen hätten führen können. Zudem war die Nitratbelastung auf 40 Milligramm je Liter angestiegen, durch das vorherrschende Muschel- und Kalkgestein war das Wasser extrem hart (Härtebereich IV). Die Technik im Wasserwerk war nicht ausreichend, um das Wasser von Schlamm- und Erdanteilen zu filtern, für eine Nachrüstung wäre ein Investitionsvolumen von drei Millionen DM (1,54 Millionen Euro) erforderlich gewesen. Schließlich gilt die Gegend als wasserarm. Die eigenen Quellen hätten höchstens 32 Liter pro Sekunde geliefert, die BWV liefert nun 42 Liter pro Sekunde.

Der Wasserpreis konnte durch den Anschluss an die BWV stabil gehalten werden. Bei einer Beimischung von Eigenwasser hätte er wegen der Investitionen steigen müssen. 

Text: Dietmar Herz

B6

Das Gegenmodell: Sanierung des Grundwassers

Das Beispiel: Wasserversorgung im Main-Tauber-Kreis

Gegen den Beschluss des Wertheimer Gemeinderates, die Stadt an die Fernwasserversorgung anzuschließen, bildete sich eine Bürgerinitiative. Sie hatte das Ziel, den Anschluss an die Bodenseewasserversorgung (BWV) zu verhindern und auf die Sanierung der eigenen Brunnen zu setzen. Die Bürgerinitiative brachte hierbei folgende Argumente vor:

  •  Der Umweltschutz verlangt die Verteidigung der lokalen Wasserschutzgebiete. Landwirtschaft und Luftverunreinigung haben die Böden und damit das Grundwasser unzulässig belastet. Auf Fernwasser auszuweichen bedeutet, die Verantwortung für sauberes Trinkwasser auf die Bodenseegegend zu übertragen. Die Sanierung lokaler Brunnen beachtet hingegen das Verursacherprinzip.
  •  Die vorgesehenen Zuschüsse für den Anschluss an die BWV können auch für die Sanierung der lokalen Trinkwasservorräte verwendet werden. Damit wäre es auch möglich, durch die Wiederinbetriebnahme älterer Wertheimer Brunnen, deren Nitratwerte z. T. deutlich unter dem Grenzwert liegen, ein "zweites Standbein" zu erhalten.
  •  Die von der BWV erwogene Beimischung von Rheinuferfiltrat führt die Vorstellung, "reines" Bodenseewasser zu erhalten, ad absurdum. Auf die Qualität des gelieferten Wassers hätten die Bezieher keinen Einfluss.
  •  Weiches Wasser ist zwar wünschenswert, aber hartes Wasser schadet nicht der Gesundheit, es ist nur schlechter für Geräte wie z.B. Waschmaschinen und die Wasserleitungen.
  •  Ein möglicher Chemieunfall im Bereich des Wasserschutzgebiets entlang der Autobahn A 3 ist zwar denkbar, aber einerseits umfasst dieses Teilstück nur wenige hundert Meter und die Autobahn ist die verkehrssicherste Straßenart überhaupt. Auch das Bodenseewasser würde über eine weite Entfernung transportiert und unterläge Transportgefährdungen.
  •  Die Stadt Wertheim plant die Zuleitung von Bodenseewasser, bis die Sanierung der eigenen Brunnen erfolgreich ist. Die Bürgerinitiative geht hierfür von einem Zeitraum von sechs bis zwölf Jahren aus. Die BWV schließt jedoch nur unbefristete Verträge. Ob ein Ausstieg aus der BWV möglich ist und zu welchen Kosten er erfolgen könnte, ist ungeklärt.

Die Bürgerinitiative leitete ein Bürgerbegehren nach § 21 der baden-württembergischen Gemeindeordnung ein. Der Bürgerentscheid im Mai 1990 ergab eine Mehrheit von rund 80 Prozent gegen den Anschluss an die Bodenseewasserversorgung.

Nach einem Positionspapier der Bürgerinitiative, März 1990; Interview mit dem ehemaligen Sprecher der BI, Jürgen Walter, Oktober 2000

B7

Bodenseewasser oder Brunnensanierung?

Aus einem Kommentar der Stuttgarter Zeitung

Bis jetzt lebte die Stadt Wertheim mit ihren Gemeinden aus der alten Grafschaft ganz gut vom eigenen Brunnenwasser. Das Wasser hat zwar jede Menge Nitrat und wies auch schon mal Spuren von Pestiziden auf, dafür fließt es mehr als reichlich. Niemand außer der Stadtverwaltung hat es bisher auch sonderlich Sorgen bereitet, dass die Nitratbelastung knapp unterhalb des Eurolimits von 50 Milligramm pro Liter liegt.

Bereits 1983 beantragte die Stadt, das Einzugsgebiet ihrer Quellen als Wasserschutzgebiet auszuweisen. Für die dort stark vertretene Landwirtschaft würde dies zwangsläufig zu erheblichen (Dünge-) Einschränkungen führen. Nur, zwei Drittel des Schutzbereichs liegt auf bayerischer Seite, wo baden-württembergische Schutzverordnungen nicht gelten ...

In der Tat haben die Überlegungen der Bürgerinitiative etwas Bestechendes an sich: Weniger Chemie auf die Wertheimer Äcker, weniger Gift im Grundwasser und damit weniger Gift im menschlichen Körper. Daraus könnte... ein Flächenbrand entstehen, der allgemein zu einer extensiven Landwirtschaft, ökologischem Anbau und gesünderen Lebensmitteln führt. Verschwiegen wird dabei jedoch, dass die Brunnen-Aktionisten keinen Einfluss auf das Verhalten der bayerischen Bauern im Einzugsgebiet ihrer Quellen haben.

Martin Geier: Am Bodenseewasser scheiden sich die Geister. Stuttgarter Zeitung, 9. Mai 1990

B8

Leben im Wasserschutzgebiet

Der Wertheimer Ortsteil Dertingen, in dem die Wertheimer Brunnen liegen, wehrt sich gegen die geplante Ausweitung des Wasserschutzgebiets. Diese Ausweitung bezieht den westlichen Ortsteil in das Schutzgebiet mit ein, was Auflagen beim Bauwesen zur Folge hätte und die Ortschaft in zwei Hälften mit unterschiedlichen Rechten teilen würde. Diese Auflagen betreffen vor allem Neu- und Umbauten an Gebäuden, da der Bauaushub die Tiefe vom 2,50 m nicht überschreiten darf. Hiervon sind vor allem Heizungsanlagen und Öltanks in Kellern betroffen, im Weinort Dertingen aber auch Lagerstätten für Wein. Als Folge solcher Nutzungseinschränkungen fürchtet der Ortschaftsrat einen Wertverlust von Grundstücken und Häusern, Probleme bei der Ausweisung von Neubau- und Gewerbegebieten sowie der Erweiterung von Spiel- und Sportstätten und des Friedhofs. Der Ortschaftsrat hat sich gegen eine Erweiterung ausgesprochen und wird dabei von einer Bürgerinitiative unterstützt.

Die Dertinger verweisen darauf, dass sie nicht nur fast alle Wertheimer Brunnen auf ihrer Gemarkung hätten, sondern auch alle damit verbundenen Nachteile. Sie argumentieren, dass in den letzten zehn Jahren die Nitratwerte nicht gesunken seien, und damit der Sinn einer Ausweitung in Frage stehe. Dies umso mehr, als das Wasserschutzgebiet an der Landesgrenze ende und benachbarte bayerische Bauern keine Auflagen beim Bewirtschaften ihrer Felder zu beachten hätten, wodurch möglicherweise das Grundwasser in der Umgebung des Schutzgebietes belastet werde.

Beim Bürgerbegehren 1990 war in Dertingen die Zustimmung zum Anschluss an die Bodenseewasserversorgung am höchsten. 42 Prozent sprachen sich für den Anschluss aus.

Nach einem Interview der Autoren mit Vertretern des Ortschaftsrats Dertingen, 5. März 2001

B9

Das Wasserschutzgebiet Dertingen

B10

Die Folgen

Das Bürgerbegehren verhinderte den Anschluss an das Netz der BWV und legte Wertheim auf die Sanierung der eigenen Brunnen fest. Die Stadt Wertheim ergriff daraufhin folgende Maßnahmen:

  •  Für die Beratung der Landwirte im Wasserschutzgebiet Dertingen wurde ein Umweltberater eingestellt.
  •  Die Landwirte im Wasserschutzgebiet erhielten Ausgleichszahlungen aus Mitteln der Stadtwerke Wertheim für Flächenstilllegungen.
  •  Die oberhalb des Wasserschutzgebiets liegende Kläranlage Holzkirchen im Landkreis Würzburg wurde geschlossen.
  •  Das Wasserschutzgebiet wurde erweitert.
  •  Das durch das Schutzgebiet führende Autobahnteilstück erhielt eine eigene Abwasserentsorgung.

Der Wasserpreis hat sich seit 1990 um 22 Pfennig [11 Cent] pro Kubikmeter Wasser erhöht - nach Berechnungen der Bürgerinitiative wäre ein Anschluss an die Fernwasserversorgung mit einer Erhöhung von 65 Pfennig [33 Cent] zu Buche geschlagen. Die Nitratwerte haben sich auf dem Niveau von 1990 stabilisiert, sind aber nicht weiter gestiegen.

Dietmar Herz; nach Fränkische Nachrichten, 13. Juli 2000

B11

Amadeus geht durchs Land

Von Eckart Hachfeld

Wo ein Brünnlein hell und klar
früher Trost und Labsal war,
sprudeln jetzt im Konzentrat
Pestizide und Nitrat.

Zwar sagt ein EG-Beschluss,
wo der Grenzwert liegen muss.
Doch bei uns wird unterdessen
hundertmal soviel gemessen.

Quillt das Gift aus der Zisterne,
holt man Wasser aus der Ferne.
Landwirtschaft und Industrie,
die dran schuld sind, packt man nie ...

Zitiert nach: Bürgerinitiative Brunnensanierung statt Bodenseewasser Wertheim: Dokumentation zum Bürgerentscheid. Wertheim: 1990, S. 3

B12

Die Bodenseewasserversorgung

Im Oktober 1954 gründeten 13 Städte und Gemeinden aus Baden-Württemberg den Zweckverband Bodenseewasserversorgung (BWV) zur Sicherung ihrer Trinkwasserversorgung. Heute beziehen 175 Mitgliedsgemeinden und -verbände mit etwa 3,7 Millionen Einwohnern Wasser vom Zweckverband Trinkwasser aus dem Bodensee.

Im Mittel werden aus dem Bodensee etwa 4 100 Liter in der Sekunde aus einer Tiefe von 60 Metern entnommen (das ist weniger als ein Hundertstel des Wasserdurchflusses). Da sich die meisten Schadstoffe in den oberen Wasserschichten ablagern, liegt die Schadstoffbelastung des Bodenseewassers weit unterhalb der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung.

Sechs große Pumpen fördern das Wasser in die 310 Meter höher gelegene Aufbereitungsanlage in Sipplingen, wo das Rohwasser mit Mikrosieb-, Ozon- und Filteranlagen zu Trinkwasser aufbereitet wird. Versehen nur mit einer antibakteriell wirkenden Transportchlorung wird es auf die Reise geschickt. Die Bodenseewasserversorgung betreibt hierzu ein über 1 600 Kilometer langes Leitungsnetz durch ganz Baden-Württemberg. Bodenseewasser hat den mittleren deutschen Härtegrad 9 (ideale Trinkwasserqualität) und enthält 4,3 Milligramm je Liter Nitrat (Grenzwert: 50 Milligramm).

Dietmar Herz; nach: Bodenseewasserversorgung: Informationsblatt, Januar 2000

B13

Die Belastung des Bodensees

Die vermehrte Zufuhr von Pflanzennährstoffen in den Bodensee hatte in den fünfziger Jahren dazu geführt, dass es dem See zunehmend schlechter ging. Die Algen trieben üppige Blüten. Vor allem der steigende Eintrag von Phosphor verschärfte das Problem derart, dass die Seeanliegerstaaten handeln mussten. Ein gigantisches Kläranlagen-Bauprogramm schob der ungebremsten Phosphorzufuhr einen Riegel vor.

Der Lohn der Milliarden-Investitionen zeigte sich mittelfristig. Die Phosphatkonzentration als wichtigster Indikator für den Seezustand ist mit 14 Mikrogramm pro Liter inzwischen viermal geringer als der 1979 gemessene Höchststand. Neben der wirksameren Abwasserreinigung hat das Verbot phosphathaltiger Waschmittel die Entwicklung günstig beeinflusst ...

Nach IGKB (Hrsg.): Seespiegel. Informationen rund um den Bodensee, Nr.8, 12/98; auch: www.igkb.de (gekürzt

B14

Das Wasserwerk Sipplingen

Gewinnung und Aufbereitung des Wassers der Bodenseewasserversorgung

Abbildung aus Gerhard Naber: Fernwasserversorgung, München: Oldenbourg 1996, S. 82

 

B15

Phosphoreintrag in den Bodensee

                           Grafik aus IGKB: Seespiegel Nr. 15, 06/02, S. 3

B16

Phosphoreinträge in die Gewässer der Bundesrepublik

Für die Einträge in Kilotonnen pro Jahr gilt die rechte Skala; die Prozentanteile der verschiedenen Verursacher lassen sich mit Hilfe der linken Skala ablesen.

Grafik: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Umweltpolitik. Wasserwirtschaft in Deutschland, Bonn 1998, S. 155

B17

Wasserwerke am Bodensee

Karte aus Gerhard Naber: Fernwasserversorgung, München: Oldenbourg 1996, S. 61

B18

Gewässergüte der Fließgewässer in Baden-Württemberg

a Gewässergüte der wichtigsten Fließgewässer in Baden-Württemberg 1974

b Gütezustand 1998

Anmerkung: Einteilung und Farbgebung der Güteklassen orientieren sich an der Karte von 1974, die hier auf der vorigen Seite abgedruckt ist. Genauere Angaben zur Klassifizierung finden sich in der Originalkarte von 1998, die von der Landesanstalt für Umweltschutz in Karlsruhe herausgegeben wurde. Karten: LfU, Karlsruhe

B19

Die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee

Der Bodensee ist die einzige Gegend in Europa, in der die Grenzen der Anliegerstaaten nie festgelegt wurden. Dennoch gründeten die Schweiz, Österreich, Baden-Württemberg und Bayern 1959 die Internationale Gewässerschutzkommission IGKB mit dem Ziel, den Bodensee zu schützen. Hintergrund war die damals wachsende touristische Nutzung des Bodensees, die den Interessen der Wasserwirtschaft - am See befinden sich inzwischen 17 Wasserwerke - zuwiderzulaufen drohte.

Aufgabe der Kommission ist es, die Wasserbeschaffenheit des Bodensees zu kontrollieren und Ursachen seiner Verunreinigung festzustellen. Außerdem empfiehlt sie Maßnahmen zur Behebung der Verschmutzungen. Diese betreffen Einleitungen und Einträge, die direkt in den Bodensee oder in seine Zuflüsse oder im Grundwasser des Uferbereichs entstehen. Sie können von Industrie und Gewerbe kommen, durch die Landwirtschaft oder durch den Motorbootbetrieb entstehen, aber auch durch Straßensalzung oder Luftverschmutzung. Die IGKB erlässt die "Richtlinien für die Reinhaltung des Bodensees", die Anliegerstaaten haben sich verpflichtet, diese sorgfältig zu erwägen und nach besten Kräften umzusetzen.

Dietmar Herz; nach: Über die IGKB, in: Seespiegel. Informationen rund um den Bodensee. www.igkb.de

B20

Quo vadis Bodensee?

Wir schreiben das Jahr 2090. Es ist warm geworden in Deutschland. Was die Klimaforscher Ende des vergangenen Jahrhunderts prophezeit hatten, ist eingetroffen. Die Menschen konnten ihren ungezügelten Kohlendioxid-Ausstoß nicht bremsen, die Durchschnittstemperatur ist um drei Grad gestiegen. Auch der Bodensee ist wärmer geworden, die Badesaison reicht jetzt von April bis Oktober. Und die Winter sind mild - es schneit kaum noch. Dafür wachsen nun überall Palmen und Zitrusbäume am Ufer, nicht mehr nur auf der Insel Mainau.

Eng ist es auch geworden am Bodensee. Der Zuzug, der bereits Mitte des vergangenen Jahrhunderts nach dem damals so verheerenden Zweiten Weltkrieg eingesetzt hatte, hat weiter angehalten. Um den Menschenmassen, die vor allem auch während der von März bis Mitte Oktober dauernden Hochsaison Urlaub machen wollen, Herr zu werden, mussten immer mehr Hochhäuser rund um den See gebaut werden. Auch eine elegante Hängebrücke - das "Golden Gatele vom Bodensee", wie manche Spötter meinen - überspannt nun den See zwischen Deutschland und der Schweiz. Anders ließ sich der gewaltig gestiegene Verkehr nicht mehr bewältigen.

IGKB (Hrsg): Seespiegel. Informationen rund um den Bodensee, Nr. 10, 12/99; auch: www.igkb.de (gekürzt)

B21

Privatisierung der Wasserwerke?

Lange lässt sich dieser Zustand nicht mehr halten: Täglich versickern in Deutschland pro Einwohner 20 Liter Wasser in maroden Rohren. Das 400 000 Kilometer lange öffentliche Leitungsgeflecht stammt zum großen Teil noch aus Kaiser Wilhelms Zeiten. Ein Viertel davon ist schrottreif. Die Konsequenz: Obwohl der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland seit Anfang der neunziger Jahre sinkt, schnellt der Trinkwasserpreis auf viereinhalb Euro pro Kubikmeter: europäische Spitze.

Den Finanzbedarf für dringend benötigte Klempnerdienste schätzt der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft auf jährlich bis zu 20 Milliarden Mark (10,2 Mrd. Euro). Um Geld in die öffentlichen Kassen zu spülen, plant die Bundesregierung nun, wie zuvor beim Telefon und beim Strom, den Wettbewerb um das Wasser freizugeben... Die Kommunen stecken in der Zwickmühle. Sie freuen sich einerseits auf mögliche Privatisierungserlöse, bangen aber andererseits um ihren Einfluss, wenn Private öffentliche Dienstleistungen übernehmen. Stadt- und Wasserwerker, denen die Arbeitslosigkeit droht, warnen bereits vor dem nationalen Ausverkauf.

Ist der Markt erstmal geöffnet, so das Argument, fallen die Verbraucherpreise - siehe Strom und Telefon. Nutznießer einer Privatisierung der Wasserwerke wären aber nicht nur die privaten Haushalte, sondern der Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt. Denn im internationalen Vergleich sind die Wasserpreise hierzulande hoch, was sich auf die Produktionskosten auswirkt. Laut Umweltbundesamt kostet ein Kubikmeter Trinkwasser in Deutschland 1,46 Euro, in Großbritannien 0,87 Euro, in Spanien sogar nur 20 Cent.

Vorteile von einer Liberalisierung versprechen sich auch große Versorger-Konzerne, für die der deutsche Wassermarkt mit einem geschätzten Umsatzpotenzial von rund 20 Milliarden Euro pro Jahr eine lukrative Einnahmequelle wäre. Wasser ist das Öl des 21. Jahrhunderts, freut man sich branchenintern in den Chefetagen.

Dietmar Herz; nach Michael Kläsgen: Kampf um den Hahn. Die Zeit, 19. April 2000, S. 31, und Christian Schneider: Das Öl des 21. Jahrhunderts. Süddeutsche Zeitung, 21. September 2000. Umrechnung von DM in Euro: P&U 2002

B22

Chancen der Liberalisierung

Soll nun im Zuge der Liberalisierung Trinkwasser quer durch die Republik geleitet werden? Abgesehen davon, dass Kommunal- und Länderrechte einer solchen Liberalisierung entgegenstehen, ist das technisch gar nicht möglich. Denn beim Wasser gibt es kein zusammenhängendes Leitungsnetz. Um Trinkwasser von München nach Berlin zu leiten, müsste man eine neue Rohrleitung verlegen - ökonomisch gesehen blanker Unsinn... Die Wettbewerbsfähigkeit kann übrigens auch unter den gegebenen Voraussetzungen und ohne groß angelegte Flurbereinigung verbessert werden. Hier bieten sich Kooperationen und Allianzen zwischen kommunalen und privaten Unternehmen an.

Aus der Homepage des Strom- und Wasserversorgers RWEavanza, www.rweavanza.de/Avan...ie_Information/Wasser/markt/index1.html; Stand Mai 2001

B23

Kritik an der Privatisierung

Nach dem Strom-, Telefon- und Gasmarkt steht möglicherweise auch beim Wasser bald ein Konkurrenzkampf an... Dass sich der Privatkunde demnächst den preiswertesten Wasserlieferanten in der Republik aussuchen kann, ist allerdings unwahrscheinlich. Zum einen gibt es kein Verbundnetz, das eine Durchleitung etwa von Freiburg nach Rostock ermöglicht. Zum Zweiten lässt sich Wasser aus unterschiedlichen Fördergebieten nicht einfach miteinander mischen, ohne dass sich bei chemischen Reaktionen Schwebstoffe bilden. Lange Transportwege und Standzeiten führen zudem zu Hygieneproblemen, die nur durch starke Chlorung behoben werden können. So würden von einer Aufhebung des Gebietsmonopols vor allem Großabnehmer profitieren, zu denen sich der Bau einer separaten Leitung lohnt.

Für den Kunden erwies sich das Engagement der Privaten sowohl in Großbritannien als auch in Frankreich als teuer. Auf der Insel stiegen die Preise in den letzten zehn Jahren um über 40 Prozent. In Frankreich müssen die Bürger für privat gefördertes Wasser durchschnittlich 30 Prozent mehr bezahlen als die Kunden staatlicher Versorger.

Umweltverbände, kommunale Wasserversorger und Gewerkschaften stehen der Liberalisierung des deutschen Wassermarktes kritisch gegenüber. Sie befürchten, dass Umwelt- und Gesundheitsstandards sinken. Neben einer Verschlechterung der Trinkwasserqualität erwarten sie, dass beim Gewässerschutz gespart wird. Außerdem befürchten sie, dass Großabnehmer zwar von niedrigen Preisen profitieren könnten, private Haushalte aber höhere Wassergebühren zahlen müssten. Kommunalpolitiker warnen zudem, die Liberalisierung sei eine Gefahr für die Demokratie, da die Gemeinden keinen Einfluss mehr auf den Wasserpreis hätten, andererseits aber gesetzlich verpflichtet seien, den Wasserpreis sozialverträglich zu gestalten.

Dietmar Herz; nach Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. März 2001, sowie Süddeutsche Zeitung, 1. August 2000 und 21. September 2000

B24

Internationale Konzerne auf dem Wassermarkt

Die französischen Mischkonzerne Vivendi und Suez Lyonnais des Eaux sowie, nach der Übernahme der britischen Thames Water, die deutsche RWE sind die großen Drei bei der weltweiten Aufteilung des Wassermarktes. Sie beliefern zusammen rund 180 Millionen Kunden. Der Markt, das sind vor allem die überwiegend kommunal organisierten und daher stark zersplitterten Ver- und Entsorger in den USA und in Deutschland mit rund 16 000 und 6 000 Unternehmen.

Hinzu übernehmen die Multis die Wasserversorgung in Großstädten wie z.B. Bukarest (Rumänien), Posen (Polen) oder Ho-Tschi-Minh-Stadt/Saigon (Vietnam), wo die ehemals staatlichen Besitzer das Kapital für die Erneuerung der maroden Versorgungsleitungen nicht aufbringen können. Für diese Großunternehmen ist das bei einer geschätzten Umsatzrendite von 30 Prozent im Wassersektor kein Problem, zumal sie mancherorts, wie z.B. in Budapest (Ungarn), auch zusammenarbeiten. Erfolgreich sind sie auch deshalb, weil sie den Gemeinden schlüsselfertige Lösungen anbieten können, die auch die Abfallentsorgung und -aufbereitung und die Energieversorgung einschließen.

Dietmar Herz; nach: Die Zeit, 19. April 2000 und Süddeutsche Zeitung, 21. September 2000

B25

Wasserversorgung in Frankenheim

Ein Planspiel

Die Gemeinde Frankenheim liegt im Nordosten Baden-Württembergs und hat 20 000 Einwohner. Wirtschaftlich ist sie geprägt von Weinbau, Obstanbau und vom Tourismus, sie verfügt zudem über Kleinindustrie und Gewerbe, die keine besonderen Ansprüche an die Wasserqualität haben. Der Weinbau ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Zwar ist die Zahl der Arbeitsplätze im Weinbau überschaubar, doch sind die Winzerbetriebe bedeutende Gewerbesteuerzahler und Werbeträger für den Tourismus.

In letzter Zeit bereitet die Wasserversorgung den Frankenheimern Probleme. Zwar ist der Nitratgehalt mit 40 Milligramm je Liter noch weit unterhalb der Grenze der Trinkwasserverordnung, aber mit 22 deutschen Härtegraden ist das Wasser fast am Limit der Härteskala. Die Stadtverwaltung und das Wasserwerk sind an Klagen von Einwohnern gewohnt, dass die Wasserhärte Wasch- und Spülmaschinen schädige. Bisher ist Frankenheim stolz darauf, dass es eine unabhängige Wasserversorgung hat und sein Wasser aus eigenen Brunnen fördert. Nun hat aber eine Untersuchung ergeben, dass das Leitungssystem leckt und dringend erneuerungsbedürftig ist. Außerdem muss der Wasserbehälter renoviert werden. Die Kosten dafür belaufen sich auf vier Millionen Euro.

Für einen Beschluss des Gemeinderats hat die Stadtverwaltung drei Varianten erarbeitet, wie das Problem gelöst werden könnte, und den Gemeinderäten einige Argumentationshilfen mitgeliefert:

Variante 1:

Unabhängigkeit wahren

Erhöhung des Wasserpreises von derzeit zwei Euro auf 2,35 Euro pro Kubikmeter.

Von der Erhöhung sollten 30 Cent ausschließlich für die Renovierungskosten verwendet werden.

  •  Die Erhöhung um 15 Prozent wäre die höchste in der Geschichte der Stadt. Sie ist unsozial, weil sie einkommensschwache Haushalte stärker trifft.
  •  Das Problem der Härte würde nicht gelöst.
  •  Die Wasserversorgung bleibt unabhängig.

 

Variante 2:Anschluss an eine Fernwasserversorgung

  •  Die Kosten für die Zuleitungen werden zu 80 Prozent von Land und Kreis getragen, sodass für die Gemeinde nur Kosten von 0,6 Millionen Euro anfallen würden.
  •  Das Wasserschutzgebiet, gegen das die Winzer ohnehin Sturm laufen, könnte aufgehoben werden.
  •  Das Problem der Wasserhärte wäre gelöst und der Nitratwert des Fernwassers wäre weit unterhalb der eigenen Werte.
  •  Die Kosten für die Renovierung der Frankenheimer Wasserversorgung blieben jedoch bestehen, sodass sich die gesamten Kosten auf 4,6 Millionen Euro beliefen.

Variante 3:

Verkauf der Wasserversorgung an ein Privatunternehmen

  •  Dafür würde man zwar kein Geld bekommen - die Rede ist von einem symbolischen Preis von einem Euro -, aber das Unternehmen würde alle Renovierungskosten übernehmen und wäre auch in Zukunft für die Wartung und die Versorgung zuständig.
  •  Die Gemeinde hat keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik des Unternehmens und auf dessen Preisgestaltung.

B26

Silbenrätsel

al - an - biet - bo - brun - den - ge - ge - gen - klär - la - nen - ni - schutz - schwarz - see - ser - ser - trink- trat - wald - was - was

  1.  Größter Trinkwasserspeicher in Baden-Württemberg

  2.  Laut Trinkwasserverordnung dürfen nur 50 Milligramm je Liter enthalten sein

  3.  Hier wird die Nutzung des Bodens gesetzlich beschränkt

  4.  Sie wachsen, wenn zu viele Nährstoffe im Wasser sind

  5.  Hier wird Abwasser gereinigt

  6.  Örtlicher Wasserspeicher

  7.  Niederschlagsreichste Region in Baden-Württemberg

  8.  Es sollte sauber aus dem Hahn kommen

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