Zeitschrift

Grundgesetz im Profil



BAUSTEIN C: Rechtsstaat
C 1 - C7 
Grundlagen und Grundsätze



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Inhalt


C1 Der Rechtspfleger

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Zeichnung: Liebermann

C2 Der Rechtsstaat

Der Rechtsstaatsbegriff hat sich vor allem aus der Abgrenzung und als Gegenbegriff zum Macht- und Willkürstaat entwickelt. Im letzteren, auch Polizeistaat genannten Staatstyp, werden die Staatsinteressen an die Spitze gestellt und alle Lebensbereiche in totalitärer Weise, d. h. allumfassend, reglementiert und überwacht. Dabei wird eher von dem Prinzip ausgegangen, dass alles, was nicht erlaubt ist, verboten ist. Gesetze, die den Einzelnen vor der Willkür des Staates schützen, gibt es nicht.

Ganz anders geht der Rechtsstaat von der Anerkennung der Menschenwürde und des Selbstbestimmungsrechtes der Bürger aus. Es spielt eine große Rolle, dass jede Einschränkung der Freiheit des Menschen eine rechtliche Begründung braucht, d. h. also, dass alles erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist.

Den Rechtsstaat kennzeichnet gegenüber dem Polizeistaat, dass der Mensch als Ausgangspunkt aller Überlegungen gesehen wird. Darüberhinaus gibt es auch eine Reihe formaler Merkmale, wie z. B. die Bindung der Ausübung der Staatsgewalt an die Verfassung, insbesondere an die Grundrechte des Einzelnen, und die Gewaltenteilung. Konkrekt bedeutet das, dass die Gesetzgebung an die Verfassung und dass die Verwaltung und die Justiz an Recht und Gesetz gebunden sind, Art. 20 GG. Alle staatlichen Maßnahmen müssen eine förmliche gesetzliche Grundlage haben, man muss immer eine Antwort auf die Frage bekommen (und fragen dürfen!): "Wo steht das, dass der Staat das darf?" Und es muss die Möglichkeit geben, die Rechts- und Verfassungsmäßigkeit hoheitlicher Maßnahmen überprüfen zu lassen und sein Recht auch gegen den Staat durchzusetzen. Art. 19 Abs. 4 GG bestimmt: "Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen." Die umfassende Rechtskontrolle durch den ungehinderten Zugang zu allen Gerichten ist ein wichtiges Grundelement des Rechtsstaatsprinzips. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe ist als oberster Gerichtshof des Bundes in vielen Bereichen Revisionsinstanz. Er kann eventuell abweichende Urteile der Vorinstanzen nach seiner Ansicht abändern und so eine gewisse Gleichmäßigkeit der Rechtsanwendung gewährleisten. Weitere Merkmale des Rechtsstaats sind die Gleichheit aller vor dem Gesetz (Art. 3 GG) und die Garantie der Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 GG).

Grundkurs Politik, LpB Baden-Württemberg

C3 Gewaltenteilung

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Zeichnung: Holger Appenzeller: Demokratie sehen und verstehen 4/18, LpB Baden-Württemberg

C4 Merkmale des Rechtsstaats

Freiheitssicherung
Jeder Bürger hat bestimmte Rechte, die ihm niemand nehmen kann. Die Grund- und Menschenrechte sind Abwehrrechte gegen staatliche Willkür (siehe mittlere Spalte!). Sie sind ein Schutz für die Privatperson. In bestimmte, private Bereiche darf sich der Staat nicht einmischen.

Grundrechte sichern den Freiraum vor dem Staat (aber auch gegenüber anderen Bürgern)
Eine Freiheitsbegrenzung ist nur ausnahmsweise durch Gesetz möglich

Rechtssicherheit
Der Bürger muß sich auf die Gesetze verlassen können. Der Staat muß die Gesetze genauso beachten wie der Bürger. So weiß jeder Bürger, welche Rechte er sicher hat (und welche Pflichten).
Der Bürger muß auf jeden Fall vor willkürlicher Verhaftung geschützt sein. Ändert der Staat ein Gesetz, dann darf es nur für die Zukunft gelten und nicht rückwirkend für die Vergangenheit (zum Nachteil des Bürgers).
Es ist wie bei einem Vertrag. Beide Seiten (Staat-Bürger) müssen den Vertrag (hier: das Gesetz) beachten und einhalten. Kurz: Es geht um einen Staat, auf dessen Gesetze man sich verlassen kann.

Beiderseitiges Einhalten von Gesetzen
Gerichtsschutz
Schutz vor willkürlicher Verhaftung und Verbot rückwirkender Gesetze

Rechtsgleichheit
Zum Rechtsstaat gehört auch, daß es keine Bevölkerungsgruppen mit besonderen Rechten geben darf (wie z. B. früher die Steuerfreiheit für den Adel).
Der Rechtsstaat verlangt: vor dem Gesetz sind alle Bürger gleich! Deshalb gelten staatliche Gesetze für alle gleich und nicht nur für bestimmte Gruppen.
Obwohl es die Rechtsgleichheit gibt, ist eine gesellschaftliche Ungleichheit möglich (z.8. Arme-Reiche). Das darf man nicht miteinander verwechseln. (Wir kommen beim  Sozialstaatsprinzip darauf zurück.)

Abbau ständischer Schranken
Gleichheit vor dem Gesetz


C5 Rangordnung des Rechts

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* außer Verordnungen des Bundes

Joachim Feldmann: Recht - Rechtsentwicklung - Rechtsordnung - , hg. von d. Bayrischen LpB, E7, München 1991, S. 61

C6 Recht und Gerechtigkeit

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Gerechtigkeit, das oberste Leitziel des Rechts

Wir alle wollen Gerechtigkeit, Lob und Tadel, Ansprüche und Pflichten, Belohnung und Strafe sollen gerecht, also von der Sache her begründet sein. Das gilt in der Familie ebenso wie in der Schule, ganz besonders aber im Recht. Denn die Gerechtigkeit ist das oberste Leitziel des Rechts

Bayrische LpB, E7, S. 31 (vgl. C5)

C7 Gewaltenvermischung im SED-Regime

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Im Stile Ulbrichts strich Honecker das Wort "empfehlen" durch und ersetzte es durch: "beantragen, Einverstanden, Honecker, 21.1.73". Staatsgewalt und Gericht folgten, das Urteil wurde vollstreckt.

Artikel 5, Absatz 3 der Verfassung von 1968 lautet: "Zu keiner Zeit und unter keinen Umständen können andere als die verfassungsmäßig vorgesehenen Organe staatliche Macht ausüben." Wie für das Jahr 1973, so finden sich bis zum Ende des SED-Regimes Dokumente, die Festlegungen der Parteiführung für strafrechtliche Einzelentscheidungen in jedem Verfahrensstadium belegen, wenngleich nicht mehr in der Überlieferungsdichte wie zu Zeiten Walter Ulbrichts.

Quelle: SAPMO-BArch, DY30/IV2/2031/12


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