Zeitschrift 

Der Seminarkurs
 

Ein Weg zur Methodenkompetenz

Methodentraining als Vorbereitung
Ein Erfahrungsbericht: Neue Armut
Die Präsentation und ihre Bewertung

Heft 3/2002 , Hrsg.: LpB

 



 

Inhaltsverzeichnis


BAUSTEIN A

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Methodentraining als Vorbereitung
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Handlungsorientierter Unterricht, Projektarbeit, Seminarkurs - die Schülerinnen und Schüler der heutigen gymnasialen Oberstufe finden eine veränderte Lernlandschaft vor. Der Seminarkurs ist nur ein Handlungsfeld unter vielen, das mehr Raum zur Eigenständigkeit und Selbstverantwortung im Lernen ermöglicht. Der Seminarkurs bringt Chancen, aber auch Anforderungen, die über den Erwerb und den Nachweis fachlicher Qualifikationen hinausgehen und eine veränderte Haltung zum Lernen erfordern. Viele Schülerinnen und Schüler brauchen eine Orientierung in dieser auch für sie neuen und noch unüberschaubaren Lernlandschaft:

• Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten müssen erworben werden, wenn nicht nur fachliches Wissen zählt?

• Wie geht man mit der neuen Freiheit im selbst organisierten Lernen um?

• Wie motiviert man sich, wenn die Lehrkraft nicht jeden Arbeitsschritt überprüft?

• Wie arbeitet man effizient in Gruppen zusammen?

• Wie kann man selbstständig Informationen beschaffen und auswerten?

• Wie organisiert man auch längere Arbeitsphasen selbstständig?

• Wie präsentiert man die Ergebnisse?

• Wie wird selbst organisierte Arbeit geprüft und bewertet?

Solche Fragen verweisen darauf, dass die Lehrenden neue Strategien der Unterstützung und Lernbegleitung entwickeln und anwenden müssen. "Größere Selbstständigkeit im Lernen kann nicht einfach selbstständig erworben werden" (Metzger 1997, S. 5). Diese pädagogische Grunderfahrung bedeutet, dass wir den Schülerinnen und Schülern gezielt und langfristig den Erwerb und das Training von methodischen Kompetenzen ermöglichen müssen.

Das an der Humpis-Schule in Ravensburg entwickelte und im Folgenden vorgestellte Modell zeigt, wie ein kooperatives und prozessorientiertes Methodentraining in der Klasse 11 geeignet ist, Schülerinnen und Schüler auf den Seminarkurs in der Jahrgangsstufe 12 vorzubereiten und ihnen Orientierung zu geben - auch bei der Wahl des Seminarkurses.

Das Lernverhalten in der 11. Klasse

Beim selbst organisierten Lernen sollte man vom aktuellen Lernentwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler am Anfang der Klasse 11 ausgehen. Der Entwicklungsstand lässt sich durch Beobachtung des Lernverhaltens in den verschiedenen Fächern beschreiben. Es ist sehr erhellend, solche Beobachtungen in einem Klassenkonvent auszutauschen.

In der Regel wird man feststellen, dass das Lernverhalten und die Lerndefizite in allen Fächern ähnlich ausgeprägt sind, auch wenn die einzelnen Fachlehrer sie meist nur in "ihrem" Fach wahrnehmen. Auch die Befragung der Klasse etwa nach der Rückgabe der ersten Klassenarbeit im neuen Schuljahr gibt deutliche Hinweise auf das Lernprofil, auf die Stärken, aber auch auf die Defizite. Die Bilanzierung der Stärken und Schwächen ist eine Voraussetzung, um das Lernverhalten und die Methodenkompetenz zu verbessern.

Als zweckmäßig hat sich auch der Einsatz eines Fragebogens erwiesen, der heute in zahlreichen Schweizer Schulen erfolgreich angewendet wird (s. Metzger 1997). Der Bogen enthält 65 Fragen zur Selbsteinschätzung der Lernmotivation, der Zeitplanung, der Konzentrationsfähigkeit und der Informationsverarbeitung. Die Ergebnisse dieser Selbsteinschätzung am Anfang der Klasse 11 zeigten, dass die Schülerinnen und Schüler in den erfragten Kategorien Verbesserungen anstreben sollten.

Natürlich sind die Ergebnisse einer Selbsteinschätzung individuell unterschiedlich und subjektiv. Sie verdeutlichen aber jedem Schüler und jeder Schülerin, wie sein oder ihr persönliches Lernprofil aussieht und welches Training hilfreich sein könnte. Insofern ist diese Selbsteinschätzung für die Motivation von hohem Wert, sich mit dem eigenen Lernverhalten kritisch auseinander zu setzen und für ein gezieltes und langfristiges Methodentraining offen zu sein.

Die Ergebnisse der Selbstbefragung korrelieren auffällig mit neueren Ergebnissen der schulischen Entwicklungspsychologie. Gustav Keller (2000) zeichnet für die 11. Klasse ein widersprüchliches Bild: So beherrschten zwei von drei Schülern zwar elementare Lerntechniken wie Vokabellernen und das Vorbereiten von Klassenarbeiten, die Mehrheit zeige aber deutliche Defizite beim Strukturieren von Texten, beim Exzerpieren, Recherchieren, Referieren, Präsentieren und Visualisieren. Er konstatiert bei den Schülerinnen und Schülern eine Bereitschaft zum eigenverantwortlichen Lernen und zu selbstständiger Projektarbeit sowie die Fähigkeit und Bereitschaft zur Kommunikation und Kooperation in der Gleichaltrigengruppe; im Gegensatz dazu stehen auffällige Durchhalte- und Planungsprobleme sowie Schwierigkeiten in der zielorientierten Teamarbeit und bei der Konfliktbewältigung.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Schülerinnen und Schüler in der 11. Klasse durchaus für Formen eigenverantwortlichen Lernens motivierbar sind. Sie befinden sich in einer Entwicklungsphase, in der sie an der Konstruktion sozialer Regeln beteiligt sein wollen und ihre Person selbst definieren möchten. Sie brauchen aber Unterstützung bei der Umsetzung dieser Ansprüche.

Methodentraining in der Klasse 11

Das kooperative und prozessorientierte Methodentraining in der 11. Klasse will den Schülern ein sicheres Rüstzeug für die neue Lernlandschaft vermitteln. Wichtige Kompetenzen hierfür sind im Schaubild 2 enthalten.

Schaubild 2

Methodencurriculum für Klasse 11

Informationen beschaffen Informationen auswählen und strukturieren
Gruppenarbeit und Präsentation
Makromethoden: eigenverantwortlich und selbst organisiert lernen

Humpis-Schule, Ravensburg, Wirtschaftsgymnasium

Diese Kompetenzen sind in der Literatur unter den Stichworten Handlungskompetenz, erweiterter Lernbegriff (Klippert 2000) oder metakognitive Fähigkeiten (Gudjons 2000) bekannt. Es geht darum, den Schülerinnen und Schülern Strategien zu vermitteln, wie man lernt und wie man selbstständig Probleme eingrenzen, lösen und Lösungen auswerten kann.

Bei der Auswahl der Methoden, die in Klasse 11 zu vermitteln sind, kann man von der Selbstbefragung der Lernenden und den dabei festgestellten Lernstrategie-Defiziten ausgehen. Berücksichtigt werden muss aber auch, welche Basisstrategien für den Fachunterricht notwendig sind und welche Kompetenzen zum selbst organisierten Lernen in der Langzeit- und Projektarbeit befähigen. Hier rückt auch der Seminarkurs schon in Klasse 11 ins Blickfeld, denn die im Seminarkurs notwendigen Kompetenzen sollten nicht erst in der Jahrgangsstufe 12 vermittelt werden, wenn die inhaltliche Ergiebigkeit der Arbeit im Seminarkurs nicht aufs Spiel gesetzt werden soll. Die Auswahl des Methodenrepertoires sollte also schülerspezifisch, fachspezifisch, unterrichtsspezifisch und stufenspezifisch erfolgen.

Zur Präzisierung des stufenspezifischen Methodenrepertoires, das in der 11. Klasse vermittelt werden sollte, ist in der Humpis-Schule ein Methodencurriculum entwickelt worden. Es ist Ergebnis einer mehrjährigen Kooperation beim Methodentraining in den fünf elften Klassen des Wirtschaftsgymnasiums unter Beteiligung fast aller Fächer. Das Methodencurriculum legt den Schwerpunkt auf vier Kompetenzbereiche (Schaubild 2).

Nach der von Klippert vorgeschlagenen Systematik folgt das Methodencurriculum der Idee eines progressiven Methodentrainings, beginnend bei den Mikromethoden, über Phasen der Übung und Routinisierung bis zum Erlernen von Makromethoden. In die Auswahl dieser Kompetenzbereiche sind neue Qualifikationsanforderungen eingeflossen, die gerade für Schülerinnen und Schüler eines beruflichen Gymnasiums von Bedeutung sind. Das trifft besonders bei der Gewichtung der Methoden zur Förderung der Sozialkompetenz zu.

Vier Wegweiser zur Methodenkompetenz

Für die Vermittlung von Methodenkompetenz gibt es vier "Wegweiser".

  1. Es ist wichtig, von der Selbstbefragung der Lernenden auszugehen und ihre Defizite ernst zu nehmen, denn ihre methodischen Kompetenzen sind unterschiedlich ausgeprägt. Ihre Fähigkeit zum eigenverantwortlichen Lernen korreliert nicht zwingend mit ihren Leistungen im Fachunterricht. Wichtig sind auch ihre Vorerfahrungen mit Ungewissheiten (s. die Unterscheidung von gewissheitsorientierten und ungewissheitsorientierten Lernern nach Huber/Roth 1999).

  2. Die Entwicklung von Methodenkompetenz braucht Zeit. Deshalb sollten Formen entwickelt werden, in denen neue Methoden in kleinen Schritten vermittelt, geübt und routinisiert werden können. Kompaktveranstaltungen können ein Auftakt sein. Aber die Entwicklung von Sicherheit in der Anwendung braucht (gerade bei gewissheitsorientierten Lernern) Zeit. Deshalb sind prozessorientierte Verfahren und ein kontinuierliches Training den Kompaktveranstaltungen vorzuziehen.

  3. Das Methodentraining kann nicht von einem einzelnen Fach "abgedeckt" werden. Zum einen macht Arbeitsteilung die Vermittlung methodischer Kompetenzen im Unterrichtsalltag eher realisierbar. Zum andern gelingt den Lernenden der Transfer von methodischen Kompetenzen nicht über die Fächergrenzen hinweg. Wird beispielsweise im Deutschunterricht der Umgang mit Fachtexten vermittelt, so werden diese Erfahrungen nicht automatisch in anderen Fächern genutzt und angewendet. Der Transfer muss bewusst gefördert und geübt werden. Dies zwingt zur Kooperation unterschiedlicher Fächer beim Methodentraining. Die Lehrerinnen und Lehrer, die in einer Klasse unterrichten, sollten sich mit ihrem Methodentraining abstimmen und wissen, was in den einzelnen Fächern vermittelt und geübt wurde und was in anderen Fächern aufgegriffen und vertieft werden kann.

  4. Methoden sollten nicht isoliert vom Fachunterricht trainiert werden. "Schlüsselqualifikationen sind keine unabhängigen Qualifikationen. Sie sind nur integriert wirksam, zusammen mit den Fachqualifikationen" (Keller 2001, S. 5). Auch diese Erkenntnis spricht eher für ein kontinuierliches und fachbegleitendes Methodentraining als für ein methodisches Kompakttraining.

 

Drei Stufen des Methodentrainings

Der Anstieg zum Seminarkurs sollte so gestaltet werden, dass die Schülerinnen und Schüler ihn nicht als abschreckend oder überfordernd erleben, als Gewaltritt durch den Methodendschungel. Es ist hilfreich, das Methodentraining in überschaubare Stufen einzuteilen. Das Methodentraining in der 11. Klasse erfolgt an der Humpis-Schule deshalb in drei Stufen, die aufeinander aufbauen und in denen im Sinne des Spiralcurriculums die erworbenen Kompetenzen auf jeweils höherem Niveau angewendet, vertieft und routinisiert werden. Die Schwerpunkte ergeben sich aus dem Methodencurriculum.

Stufe 1: Am Anfang der 11. Klasse werden Lern- und Arbeitstechniken vermittelt. Hier stehen im Mittelpunkt Methoden der Informationsbeschaffung, Informationsauswahl und Informationsstrukturierung.


Schaubild 3: Methodentraining in Klasse 11

Schaubild: Roland Knoblauch, Humpis-Schule Ravensburg

Stufe 2: Im Laufe des ersten Halbjahres wird den Klassen die Gelegenheit zu einer längeren Erfahrung mit Gruppenarbeit gegeben, zum Beispiel im BWL-Unterricht mit dem Unternehmensplanspiel "Expla". Die Gruppenarbeit muss lange genug sein, um auch typische Phasen der Gruppenarbeit erleben zu können. Die Auswertung berücksichtigt vor allem die Gesprächsführung in der Gruppe, die Phasen in der Gruppenarbeit, die Rollenverteilung sowie Formen der Konfliktbewältigung.

Stufe 3: Im Mittelpunkt des Methodentrainings im zweiten Schulhalbjahr steht eine mehrmonatige, fächerübergreifende Projektarbeit. Uns erscheint es wichtig, die Verantwortung für die Planung, Durchführung und Auswertung des Projekts den Schülerinnen und Schülern zu geben. Sie sind für die Projektarbeit zu motivieren, ihnen ist ein Erfahrungsraum zu bieten, in dem sie die vorher erworbenen Kompetenzen anwenden und neue Methoden erproben können. Häufig sind von den Klassen Themen aus der Lebenswelt vorgeschlagen worden. Die Lehrenden sind auf die Wünsche eingegangen, weil in dieser Phase des Methodentrainings das Sammeln von Erfahrungen im selbst organisierten Arbeiten wichtiger ist als der inhaltliche Ertrag. Themenbeispiele waren: "Die Kommunikationsmittel Blinder und Gehörloser; eine Erkundung in einer Blindenschule"; "Die Kommunikation zwischen Männern und Frauen am Beispiel des Flirtens", "Das Franchise-Modell der Firma McDonald's in Ravensburg". Gleichwohl wird es in diesem Zielkonflikt zwischen methodischem Training und inhaltlichem Ertrag immer wieder Verschiebungen und neue Versuche geben, auch die Projektarbeit stärker mit dem Fachunterricht zu verknüpfen.

Die Projektarbeit im zweiten Schulhalbjahr ist so angelegt, dass bereits wesentliche Merkmale und Kompetenzen des Seminarkurses erfahrbar werden:

  • Das Rahmenthema der Klasse wird themendifferenziert in Kleingruppen bearbeitet,

  • die Kleingruppen grenzen ihr Thema selber ein und entwickeln einen Arbeitsplan,

  • die Gruppen erschließen selber Informationen zu ihrem Thema,

  • in der Durchführung des Projekts werden erste Erfahrungen mit Formen des forschenden Lernens gemacht (Umfragen, Befragungen, Experimente),

  • der Arbeitsprozess und die Arbeitsergebnisse werden schriftlich dokumentiert,

  • die Ergebnisse werden adressatenbezogen präsentiert,

  • die Projektarbeit wird von den Schülerinnen und Schülern reflektiert und selbst bewertet,

  • die verbale Bewertung durch den betreuenden Lehrer geht in ein Zertifikat ein, das die Teilnahme am Projekt und die Leistungen bestätigt.

 

Die Auswertung der Erfahrungen

Es ist wichtig, auf allen Stufen immer wieder an den Lernerfahrungen der Schülerinnen und Schüler anzuknüpfen: Welche positiven oder negativen Vorerfahrungen haben sie mit der Gruppenarbeit gemacht? Welche Stärken und Schwächen haben sie in der Gruppenarbeit festgestellt? Auf der Grundlage dieser Selbstbefragung lassen sich Vorschläge zur Verbesserung des methodischen Verhaltens entwickeln, die in der neuen Phase des Methodentrainings erprobt werden und anschließend ausgewertet werden: Welche Methoden wurden angewendet? Mit welchem Erfolg? Was können wir ändern? (Vgl. Metzger 1997, S. 47 ff). Diese Phasen der Reflexion sind wichtig, weil nur dadurch die gesammelten Erfahrungen gespeichert und für den nächsten Schritt nutzbar gemacht werden können.

Die Projekterfahrung hat sich als sehr nützlich für die Kurswahl der Schülerinnen und Schüler erwiesen. Auch den Leistungsstarken fällt die Entscheidung für den Seminarkurs nicht immer leicht, da für sie meist noch unklar ist, welche Noten sie im Seminarkurs erreichen können und wie sie mit dem selbstverantwortlichen Lernen zurecht kommen. Die Projektarbeit in der 11. Klasse macht transparent und erfahrbar, welche Qualifikationen der Seminarkurs erfordert, und sie zeigt den Schülerinnen und Schülern, wie leistungsfähig sie in der noch neuen und schwer einzuschätzenden Unterrichtsform sind. Die Vorerfahrungen in der 11. Klasse sind auch wichtig wegen der Möglichkeit eines fakultativen Seminarkurses mit einer recht gewichtigen Anrechnung im Abitur. Eine Abituranrechnung des Seminarkurses reduziert zwar das Risiko für die Schülerinnen und Schüler und erleichtert ihnen strategisch die Entscheidung für den Seminarkurs, doch sie schafft allein noch keine Berechenbarkeit, weil das Leistungsvermögen in einem Seminarkurs erst getestet werden muss.

Lehrerkooperation im Methodentraining

Das Methodentraining ist nur arbeitsteilig zu bewältigen. Nur durch Kooperation wird ein Transfer der methodischen Kompetenzen auf neue Fachinhalte und Lernsituationen möglich. An der Humpis-Schule sind Wege entwickelt und erprobt worden, um diese Kooperation zwischen den Lehrern zu verwirklichen und im Schulalltag zu erleichtern:

Methodentag. Am Anfang des Schuljahres wird in einem abteilungsspezifischen Pädagogischen Tag (Methodentag) das Methodentraining koordiniert. Ausgangspunkt sind die Erfahrungen, die im letzten Schuljahr im Methodentraining der elften Klasse und im Seminarkurs gemacht wurden. Im Rahmen dieses Methodentags treffen sich die neuen Klassenkonvente und verteilen die Aufgaben, die jeder Fachlehrer/jede Fachlehrerin im Methodentraining übernimmt (meist drei bis fünf Methoden)

.Visualisierung. Als Kommunikationsinstrument haben sich Visualisierungen bewährt. So ist im Schuljahr 1999/2000 eine "Methodenblume" (A 1) eingesetzt worden. Sie bildet mit den Blütenblättern die zu vermittelnden Methoden ab. Jede Lehrkraft entnimmt der Methodenblume die Blätter, auf denen die Methoden vermerkt sind, die sie in ihrem Fach vermitteln wird. Die einzelnen Methoden tauchen jeweils mehrfach in der Methodenblume auf, um dieselbe Methode in unterschiedlichen Fächern und im jeweiligen Fachkontext zu nutzen. Die Methodenblume wird als Umrisszeichnung in allen Klassenzimmern aufgehängt, nachdem die Blütenblätter auf die verschiedenen Fächer verteilt sind. Die einzelnen Blütenblätter werden im Verlauf des Methodentrainings wieder angeheftet, wenn die Methoden (A 2 bis A 11) im jeweiligen Fach vermittelt wurden. So ist für Lehrer und Schüler sichtbar, wie das Methodentraining voranschreitet. Das erleichtert die Absprache zwischen den Fächern, und das Erblühen der Methodenblume macht auch den Schülern die Bedeutung des Methodentrainings sichtbar. Diese Visualisierung ist auch ein einfaches, aber aussagekräftiges Instrument der Evaluation und kann das "Lernklima" in der Klasse veranschaulichen. (A 12, A 13)

Moderatoren. Die Klassenkonvente werden von Moderatoren geleitet, die für ein Schuljahr die Patenschaft für das Methodentraining übernehmen und auf die Konstanz der Lehrerkooperation achten. Sie geben immer wieder Impulse, motivieren die Schülerinnen und Schüler, informieren Eltern und Schulleitung und ermöglichen damit die Nachhaltigkeit des Methodentrainings.

Der Koordinator. Die Kooperation zwischen den fünf elften Klassen und den Seminarkursen wird von einem Koordinator gefördert. Er leitet die regelmäßig stattfindenden Treffen der Moderatoren, betreut sie, gibt bei Bedarf inhaltliche Impulse oder Hilfen und sorgt in Absprache mit der Schulleitung für die Weiterentwicklung dieses Vorhabens der Schulentwicklung und seine Verzahnung mit der gesamten Entwicklung der Schule.

Fortbildungsangebote unterstützen Kolleginnen und Kollegen im Methodentraining (zum Beispiel zur neuen Lehrerrolle im selbst organisierten Lernen) und die Moderatoren in ihrer Koordinationsaufgabe. An der Humpis-Schule werden zur Zeit 40 Moderatoren in einer dreijährigen Qualifizierung bei dieser Aufgabe unterstützt.

Curriculum. Das von der Konferenz des Wirtschaftsgymnasiums beschlossene Methodencurriculum schafft Verbindlichkeit im Methodentraining und sichert die Chancengleichheit für die Schülerinnen und Schüler in Bezug auf die Wahl des Seminarkurses und die Vermittlung der Eingangskompetenzen.

Die Deputatseinteilung durch die Schulleitung unterstützt die Teamarbeit innerhalb der Klassen; Kleinteams arbeiten in den Klassen konstanter zusammen und müssen nicht jedes Jahr neu gebildet werden. Diese Einteilung folgt dem Konzept der Fraktalisierung, also der Bildung von überschaubaren und eigenständigen Bereichen innerhalb der Schule und der Delegation von Kompetenzen und Eigenverantwortung nach unten.

Ein Methodenkompendium (vgl. Texte und Materialien im Anschluss) gibt konkrete Arbeitshilfen für alle Beteiligten und erleichtert die Arbeit für diejenigen, die das Methodentraining in der 11. Klasse zum ersten Mal durchführen.

Schaubild: Roland Knoblauch, Humpis-Schule, Wirtschaftsgymnasium, Ravensburg

Methodentraining und Innere Schulentwicklung

Das an der Humpis-Schule erprobte Unterstützungssystem deckt unterschiedliche Felder der Schulentwicklung ab: es gibt Hilfen für den Unterricht (Materialien und Hinweise zur Betreuung der Projektarbeit), erleichtert und fördert die Teamarbeit (durch die teamfreundliche Deputatseinteilung und die Patenschaft für die Lehrerkooperation), es hilft bei der Entwicklung der persönlichen Kompetenzen durch Fortbildungsangebote und es fördert die Einbeziehung der Abteilung in die Entwicklung der ganzen Schule und macht die Ergebnisse der Entwicklung in einer Abteilung (Wirtschaftsgymnasium) auch für andere Abteilungen der Schule nutzbar. Die Entwicklung des Teams, der Persönlichkeit und des Schulsystems sind hier nicht nur dem Anspruch nach verknüpft, sondern dienen der Arbeitserleichterung und Realisierbarkeit einer überfachlichen Qualifizierung unserer Schülerinnen und Schüler und der Förderung ihrer Handlungskompetenz.

Dieses Modell des kooperativen und prozessorientierten Methodentrainings ist über einen Zeitraum von fast zehn Jahren erprobt und weiterentwickelt worden. Der Weg mag lang wirken, aber er war dauerhaft. Lang war der Weg, weil es am Anfang noch keine Landkarte gab, Unterstützungssysteme noch nicht entwickelt waren und das Methodentraining erst Mitte der neunziger Jahre breitere Akzeptanz gefunden hat und konkrete Unterrichtskonzepte veröffentlicht wurden. Die Entscheidung für ein Inselmodell (die Erprobung des prozessorientierten und kooperativen Methodentrainings in einer Pilotklasse und die schrittweise Einführung in allen elften Klassen) hat sich als ressourcenschonend und integrativ erwiesen. Als das oben beschriebene Modell zum ersten Mal in allen fünf elften Klassen der Humpis-Schule eingeführt werden sollte, gab es Widerstände, die zum Glück artikuliert wurden.

Das Inselmodell braucht Zeit und Geduld, ist aber deshalb stark, weil bei neuen Entwicklungsschritten immer wieder an Erfahrungen angeknüpft werden kann, kritische Reflexion stattfindet und die Machbarkeit von Entwicklungsvorhaben geprüft wird. Wie integrativ dieses Verfahren wirkt, wird auch daran deutlich, dass das Methodencurriculum, das für alle Fächer verbindlich ist -, mit einer Zustimmung von 95 Prozent in der Lehrerkonferenz des Wirtschaftsgymnasiums beschlossen wurde und jetzt auch im Berufskolleg der Schule angewandt wird. In der Lernlandschaft sind neue Inseln aufgetaucht, die sich mehr und mehr vernetzen und die Entwicklung der Schule und ihres Leitbildes positiv beeinflussen.

Literaturhinweise

Volker Brumann/Peter Schwafferts: Deutsch in Aktion. Informationsmanagement. Bad Homburg, 1999

Herbert Gudjons: Kleine Schritte sind kein Verrat am Ziel. Über hinführende Formen zu freier Arbeit und Projektunterricht; in: Pädagogik 11/2000, S. 6ff.

Günther Gugel: Methoden-Manual I, Neues Lernen; Weinheim und Basel: Beltz 1997

Günter L. Huber/Jürgen H.W. Roth: Finden oder suchen? Lehren und Lernen in Zeiten der Ungewissheit; Schwangau: Ingeborg Huber 1999

Gustav Keller: Schulische Entwicklungspsychologie; Donauwörth: Ludwig Auer 2000

Gustav Keller/Wilhelm Hitzler: Schlüssel-Qualifikations-Training; Donauwörth: Ludwig Auer 2001

Heinz Klippert: Pädagogische Schulentwicklung; Weinheim und Basel: Beltz 2000

Roland Knoblauch: Prozessorientierte Team- und Projektarbeit; in: schulintern 2/1998, S. 3

Roland Knoblauch: Seminarkurs am Beruflichen Gymnasium, in: Seminarkursbuch; LEU H. 99/14

Christoph Metzger: Wie lerne ich? Handbuch für Lehrer; Aarau: Sauerländer 1997

Christoph Metzger: Wie lerne ich? Eine Anleitung zum erfolg-reichen Lernen; Aarau: Sauerländer 1998

Elmar Philipp: Teamentwicklung in der Schule. Konzepte und Methoden. Weinheim und Basel: Beltz 1996

Regula D. Schräder-Naef: Lerntrainer für die Oberstufe, Weinheim und Basel: Beltz 1992

Lothar J. Seiwert: Mehr Zeit für das Wesentliche. Besseres Zeit-Management mit der Seiwert-Methode; München: Moderne Verlagsgesellschaft 2001

Ingo Steinhaus: Recherche im Internet. München: Humboldt 1998

 


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