Zeitschrift

Jüdisches Leben in Baden-Württemberg

Möglichkeiten der Begegnung

 

Geleitwort des Ministeriums für Kultus,
Jugend und Sport

 


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Inhaltsverzeichnis


"Woher sollte er wissen, was Judentum ist?" - bemerkt Ignatz Bubis über den jüngeren deutschen Durchschnittsbürger und fährt treffend fort: "Und wenn er aus der Schule etwas über das Judentum behalten hat, dann war/ist es der Holocaust. Mehr nicht! Über 1 600 Jahre jüdischer Geschichte in Deutschland hat er nichts erfahren. Über Holocaust in ausreichendem Maße."

Diese Dominanz des Holocaust hat große Berührungsängste gegenüber Menschen jüdischen Glaubens aufgebaut und erschwert unseren Schülerinnen und Schülern eine Annäherung an jüdische Mitbürger und ihre Religion. Auf der anderen Seite können jüdische Gleichaltrige, die in Deutschland leben, und junge Israelis der dritten Generation, die zu uns kommen, im heutigen Deutschland kaum etwas anderes als das "Land der Täter" sehen, da sie durch das Leid ihrer Großeltern immer noch traumatisiert sind und das Erinnern eine zentrale Rolle in ihrem Leben einnimmt. Lassen sich unter diesen Voraussetzungen überhaupt Brücken über den Abgrund der Schoa schlagen?

Dass dieses durchaus möglich ist, zeigen die Beispiele erfolgreichen Schüleraustausches in diesem Heft. Um ihn auf eine breitere Basis zu stellen und Kontakte zu Juden in Deutschland zu knüpfen, ist ausreichendes Wissen über die Befindlichkeit des anderen, seine Geschichte und seine gegenwärtigen Probleme unabdingbar. Weil es daran mangelt, widmet sich das vorliegende Heft gezielt diesem Aspekt, indem es an das jüdische Leben - gegenwärtiges und vergangenes - in der Nähe des Heimatortes heranführen und den Wunsch wecken möchte, im Dialog den anderen kennenzulernen und Vorurteilen und Diskriminierungen entgegenzuwirken. Das geschieht in didaktisch wohl überlegten Bausteinen, die vielfältige Arbeitsansätze ermöglichen und im Fachunterricht ebenso wie beim fächerübergreifenden Lernen eingesetzt werden können.

Wenn es dadurch gelingen sollte, Minderheiten zu verstehen und Ängste abzubauen, hätte die Landeszentrale für politische Bildung einen wichtigen Beitrag auf einem schwierigen Feld geleistet. Damit es gelingt, wünscht das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, dass das Heft die ihm angemessene Beachtung findet und dass es dazu beitragen möge, gegenseitiges Vertrauen zu schaffen.

Rudolf Pfeil
Gymnasialprofessor
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Baden-Württemberg

 


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