Zeitschrift 

Südliches Afrika

Bilder und Realitäten

Von der Landnahme der Weißen zur Apartheid

Probleme und Chancen heute
 

Heft 1/2003 
Hrsg.: LpB

 



 

Inhaltsverzeichnis

C 7 bis C 10

Simbabwe und Namibia zum Vergleich


 

C7 

Farmbesetzungen in Simbabwe

a  Kriegsveteranen gegen Landbesitzer - auch ein Modell oder eine Gefahr für Südafrika?

Bild: AP

 

b  Gesteuerte Aktionen

Von Peter Godwin, weißer simbabwischer Filmemacher

In zwanzig Jahren seiner Herrschaft hat der Präsident [Mugabe] stets nur halbherzige Bemühungen in Richtung einer wirklichen Landreform unternommen... Während die so genannten Kriegsveteranen heute über tausend Farmen besetzt halten, warten, sage und schreibe, eine Million Hektar freies Farmland darauf verteilt zu werden... Die Gewalt, die über Simbabwe hereinbricht, wurde von der regierenden Partei gezielt gesteuert. Es war eine... wohl koordinierte Aktion zur Verhinderung der Demokratie - das Werk eines 76 Jahre alten Mannes, der den Frieden seines Landes dafür opfert, dass er noch ein paar weitere Jahre an der Macht bleiben kann. Die so genannten Kriegsveteranen wurden in Regierungswagen zur Besetzung auf die Farmen gekarrt. Viele von ihnen werden von der Regierungspartei bezahlt, manche von ihnen anscheinend auch mit Waffen versorgt. Es handelt sich also keineswegs, wie Mugabe immer wieder behauptet, um einen spontanen Aufstand der landhungrigen, antiweißen Massen.

Die Woche 5.5.2000

 

c  "Natürlich gäbe es andere Wege... "

Von Tsitsi Dangarembga, einer schwarzen simbabwischen Schriftstellerin

Als mein Vater noch ein Junge war, wurde er mit seiner Familie gezwungen, das fruchtbare Land zu verlassen, auf dem sie damals lebten. Der britische König hatte das Land einem Kriegsveteranen zum Dank für dessen Verdienste um das Empire gegeben. Unsere Familie bekam keinerlei Entschädigung. Sie zog sich nach Norden... zurück, wo es statt satter roter Erde nur unfruchtbaren Sand gab. Um Geld zu verdienen, musste mein Großvater in den Goldminen Südafrikas arbeiten. Unsere Familie wurde zerrissen, noch heute leiden wir unter den Folgen. 80 Prozent von Simbabwes fruchtbarem Land gehören rund 6 000 weißen Farmern...

Natürlich gäbe es andere Wege als Farmbesetzungen, das Land den Schwarzen zurückzugeben... 1980 war das Leben gut in Simbabwe. Für junge, kompetente Leute wie mich hätte es nicht besser sein können. Simbabwe! Wir konnten es auf unseren Schultern tragen. Es wie ein Baby großziehen. Wir hatten freie Schulbildung und freie Gesundheitsversorgung. Afrikaner konnten erstmals Geschäfte machen, wo sie wollten, und wählen, was sie wollten. Die Wirtschaft war geschützt, der simbabwische Dollar nicht konvertierbar, Dinge wie Pampers gab es nicht zu kaufen...

Nach dem Fall des Sozialismus... öffnete sich die simbabwische Wirtschaft. Der Simbabwe-Dollar fiel. Die Preise schossen in die Höhe. Die freie Schulbildung wurde gestoppt, ebenso die freie Gesundheitsversorgung - auf Anraten der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Diese Institutionen sagten uns, wir seien eine arme Nation und könnten uns so etwas nicht leisten. Leisten sollten wir uns allerdings Pampers, eingelegte Heringe und all die schönen Sachen, die der Westen auf die nun offenen Märkte warf. Alle waren glücklich - außer den zwölf Millionen schwarzen Simbabwern... Die Medizin des IWF: noch drastischere Maßnahmen, die die Simbabwer noch hungriger machten... Die zu 80 Prozent bäuerliche Bevölkerung Simbabwes wird Robert Mugabes Partei, die Zanu PF, wieder wählen. Denn die Intellektuellen, die schwarze Mittelschicht und die Weißen sind zahlenmäßig zu unbedeutend, um das zu verhindern. [Tatsächlich haben Zanu und Mugabe die folgenden Wahlen bis zum Sommer 2002 gewonnen.]

Die Woche, 5.5.2000

 

d  Simbabwes Lage heute

Die Großfarmen erwirtschafteten 85 Prozent der Agrarexporte und damit 40 Prozent der Deviseneinnahmen. Bei der schon seit Jahren herrschenden extremen Arbeitslosigkeit ist von der friedlichen Koexistenz aus den Jahren nach der Unabhängigkeit von 1980 nichts mehr zu spüren. Vielmehr fällt es Mugabe leicht, auf der Klaviatur der Unzufriedenheit und des Neides zu spielen. Im Juni 2002 gab es für die Farmer ein Ultimatum, dass sie ihr Land nicht mehr bestellen durften; im August 2002 folgte ein Ultimatum, das sie zum Verlassen ihrer Farmen zwingt. Viele sind dem gefolgt, andere wurden dazu gezwungen. Nach Angaben eines Wirtschaftsberaters von Simbabwe begann die Phase negativen Wachstums 1998, erreichte 2001 minus 7,7 % und wird möglicherweise 2002 minus 12 % betragen. Vor Weihnachten 2002 steht Simbabwe bei den Sammlungen von Hilfsorganisationen wegen drohender Hungersnot jetzt obenan.

 

Alltag in Simbabwe 2002: Schlangestehen für Lebensmittel

Bild: Reuters

 

C8 

Parallelen in Namibia?

Namibia hatte mit der Politik Nujomas und der SWAPO einen guten, von vielen Seiten gelobten Start. In den letzten Jahren hört man immer mehr kritische Stimmen.

Die Befürchtungen nehmen zu, dass Namibia - das einstige Musterland Afrikas - die gleiche Entwicklung wie Zimbabwe durchmachen könnte. In den vergangenen Wochen häuften sich beunruhigende Zeichen - Missachtung des Obersten Gerichts durch die Regierung, scharfe Äußerungen von Politikern der regierenden Partei Swapo gegen Kritiker, Ausländer und Minderheiten sowie die Ankündigung, Swapo-Loyalität im öffentlichen Dienst durchsetzen zu wollen... In jüngster Zeit wurde die Absicht offenkundig, Gewinne der Wirtschaft Beamten, Politikern und Militärs zugute kommen zu lassen... Begonnen hatte der zunächst schleichende, jetzt immer schneller werdende Niedergang des einstigen Musterlandes mit dem Kriegseintritt namibischer Truppen an der Seite des kongolesischen Diktators Kabila im März dieses Jahres [2000], den Nujoma verfügte, ohne das Parlament oder das Kabinett zu befragen... Etwa zur gleichen Zeit hatte er dank der für eine Verfassungsänderung ausreichenden Mehrheit der Swapo im Parlament eine dritte Amtszeit durchgesetzt, obwohl die Verfassung nur zwei Amtszeiten des Präsidenten vorsah. Seitdem nimmt das Machtgehabe im Umfeld Nujomas zu... Straßennamen der Hauptstadt werden nach amtierenden Politikern benannt wie Mugabe, Kabila oder Nujoma selbst.

Robert von Lucius: Auch in Namibia gibt es nun eine Mugabe-Straße, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 8.12.2000

 

C9 

Europäische Einmischung oder besser nicht?

Sam Nujoma, Präsident der Republik Namibia... ist in die Schusslinie westlicher Menschenrechtsorganisationen geraten. Sogar die Europäische Union - mit aktiver Zustimmung Berlins - hat sich dieser Kritik angeschlossen, weil sich Namibia angeblich auf politische Intoleranz gegenüber Minderheiten zu bewege... "Ich verabscheue die Art, wie Homosexuelle sich unter Berufung auf die Menschenrechte bei ihren Paraden wie Tiere benehmen" (so Nujoma)... "Bleibt doch mit eurer Kultur in Europa, und bringt sie nicht nach Namibia! Wir wollen euch ja auch nicht unsere Kultur aufzwingen", hatte er geschäumt. "Ich verwehre mich dagegen, dass eure westlichen Gesetze uns Afrikanern auferlegt werden... Ihr Weißen habt uns hier mehr als hundert Jahre lang geknechtet... Und so wollt ihr es noch im 21. Jahrhundert weiter treiben. Wir Afrikaner sind nicht gewillt, eure Unterdrückung hinzunehmen, die ihr jetzt im Namen der so genannten ,Menschenrechte' bei uns fortzusetzen sucht"...

Präsident Nujoma hat mich zum Gespräch auf seine Farm "Etunda" eingeladen... Meine erste Frage gilt natürlich dem Schicksal der Deutschen, die weiterhin auf seinem Territorium leben. "Für mich sind diese Deutschen Namibier, wenn sie sich zu unserem afrikanischen Staat bekennen", lautet die Antwort, "wir haben keine rassistischen Vorurteile... "

Über 9 000 Hektar erstreckt sich die Farm Friedrich Kastrups, und nur fünfhundert Kühe finden darauf in normalen Jahren ihre Nahrung. Üppig haben diese Kolonisten nie gelebt, und der grandiose Stil, den die englische Gentry in Kenia pflegte, war den Südwestlern fremd. Zum Mittagessen wird uns schmackhaftes Kudu-Fleisch serviert. Die Jagd auf dieses weit verbreitete Großwild ist für die Familie Kastrup eine zusätzliche Einkommensquelle geworden, denn jedes Jahr finden sich jetzt deutsche Feriengäste ein, ...um zu jagen... Friedrich Kastrup sieht im demokratischen Pluralismus... keinen realen Vorteil für Namibia... Da sei das Übergewicht der Swapo wohl das geringere Übel, und die fest etablierte Autokratie des Staatschefs könne sich sogar ordnungsstiftend und vorteilhaft auswirken, wenn sie nicht zu despotischer Willkür verkomme... Die kleine Runde kommt über-ein, dass die wahren Probleme erst noch bevorstehen, dass die beachtliche Duldsamkeit, die der namibische Staatschef bislang an den Tag legte, nicht ewig dauern würde. "Die Verurteilung des Nujoma-Regimes durch den Europarat treibt diesen Mann in die Enge, löst bei dem alten Partisanenkämpfer unkontrollierbare Reflexe der Wut und des Misstrauens aus", meint Kastrup. "Wir Weiße von Südwest werden am Ende das Nachsehen haben bei der ausländischen Einmischung und Bevormundung".

Peter Scholl-Latour: Afrikanische Totenklage, München (Bertelsmann) 2001, S. 326-343 (Auszüge)

 

C10 

Wiedergutmachung für Namibia

Die ehemalige [namibische] stellvertretende Ministerin... Michaela Hübschle hat Deutschland an die "politische und moralische" Verantwortung erinnert, die es als ehemalige Kolonialmacht gegenüber Namibia habe. Aus dieser Verpflichtung leitet Hübschle den Anspruch ab, dass Deutschland finanziell zu der Landreform in Namibia beitragen sollte... In Anbetracht der deutschen Wiedergutmachung an Opfer des Holocaust müsse... die Frage geklärt werden, ob die Leidtragenden der Landnahme in Namibia nicht ebenfalls Reparationen verdient hätten... Vor diesem Hintergrund sei der Vorschlag der Ministerin für Ländereien und Umsiedlung, Pendukeni Ithana, zu begrüßen..., einen Fonds zum Ankauf von Grund und Boden einzurichten... Um einer... negativen Wahrnehmung vorzubeugen, müsse der Fonds ebenso unabhängig wie transparent verwaltet werden, dass eventuelle Misswirtschaft ausgeschlossen ist. Des Weiteren müsse gewährleistet werden, dass die Nutznießer der Landreform zu selbstständigen Farmern ausgebildet werden, die ihr Land nachhaltig nutzen könnten.

Marc Springer: Deutschland in der Pflicht, in: Allgemeine Zeitung Namibias 29.8.2000

 


 


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