Zeitschrift 

Südliches Afrika

Bilder und Realitäten

Von der Landnahme der Weißen zur Apartheid

Probleme und Chancen heute
 

Heft 1/2003 
Hrsg.: LpB

 



 

Inhaltsverzeichnis

C 19 bis C 27

Leistungen und Hemmnisse auf dem Weg


 

C19 

Erste Schritte und ein langer Weg

Zeichnung: Jonathan Shapiro, http://www.mandelacartoons.co.za

 

C20 

Weiterhin Rassismus

a  Gettos bleiben

Der Rassismus spielt nach wie vor eine große Rolle. Was abgeschafft wurde, war die diskriminierende Gesetzgebung... Die Eigentumsverhältnisse sind im Grunde die gleichen, auch wenn es stimmt, dass immer mehr schwarze Unternehmer auf dem Wege der Gleichstellungspolitik beginnen, ihren Teil vom kapitalistischen Kuchen zu sichern... Natürlich bewegen sich Teile der schwarzen Mittelklasse aus den Townships hinaus, in die ehemaligen "weißen" Gebiete, schicken ihre Kinder in vormals den Weißen vorbehaltene Schulen. An der Oberfläche ändert sich also schon etwas. Aber für die große Mehrheit der Bevölkerung bleibt es so, wie es war. Sie leben in den Townships... und den ländlichen Gebieten. Die Gettoisierung ist nicht aufgehoben worden. Solange diese soziale Ungleichheit aber weiterbesteht, werden rassistische Vorurteile immer wieder von neuem geschürt werden. Das macht es sehr viel schwieriger, gegen die damit verbundenen Stereotypen anzukämpfen.

Aus einem Interview mit Prof. Neville Alexander, Universität Kapstadt, in der Sozialistischen Zeitung 16.3.2000, http://www.vsp-vernetzt.de/soz. Alexander hatte vor 1990 gegen die Apartheid gekämpft.

 

b  Überbleibsel des Rassismus

Sechs Jahre nachdem Südafrika zumindest in seiner Verfassung... eine nichtrassische Gesellschaft festgeschrieben hat, ...kritisierte [der südafrikanische Staatspräsident Mbeki] weiße Südafrikaner, die sich an "alte Haltungen" klammerten... Auf dem Lande dürften Überbleibsel des Rassismus stärker noch als in den Städten sein. Auf den Höfen häufen sich Berichte über brutale Angriffe weißer Landwirte auf ihre Arbeiter, die mal verprügelt, mal auch mit Farbe beschmiert oder gar ermordet werden im Glauben, die Farmer stünden über dem Gesetz. Das scheint auch manchmal so, wenn weiße Polizisten, mit den Tätern in kleinen ländlichen Gemeinschaften oft befreundet oder verwandt, nicht ermitteln oder aber weiße Richter milde urteilen. Als ein Landwirt eine Frau erschoss, weil diese beim Überqueren seines Geländes zu laut redete, erhielt dieser nur sechs Jahre Haft auf Bewährung. Ein anderer Landwirt wurde freigesprochen nach drei Schüssen auf einen Arbeiter, weil er behauptete, er habe geglaubt, auf einen Hund zu schießen.

Robert von Lucius: Am Ende des Regenbogens, Frankfurter Allgemeine Zeitung 1.9.2000

 

C21 

Kein Ende der Slums

Township Khayelitsha bei Kapstadt, für 30 000 Coloureds in der Apartheid-Zeit geplant, jetzt wohnen dort mehr als 600 000 Menschen.

Bild: Elke Loßkarn

 

C22 

Wenig Bewegung bei der Landverteilung

Etwa 200 Wohnsitzlose haben in Khayelitsha bei Kapstadt... der Provinz gehörendes Land besetzt. Die Gemeinde Kapstadt sagte, sie habe Verständnis für die Not der Obdachlosen, werde aber illegale Landbesetzungen nicht dulden. Sie ließ die beiden ersten errichteten Hütten sofort niederreißen... Es mehren sich aber auch die Stimmen von Politikern, die den Bedarf an Land wichtiger einstufen als rechtsstaatliches Vorgehen... Auch in der Provinz Gauteng um Johannesburg gibt es jährlich 24 000 neue Haushalte von Personen, die vom Land in die Stadt ziehen, dort aber keine Behausung vorfinden. So kam es in den vergangenen Wochen auch in der Umgebung Johannesburgs zu Landbesetzungen, die mit heftiger Polizeigewalt beendet wurden... Mehr als 700 000 Südafrikaner wohnen in Wellblechhütten, von denen mehr als die Hälfte keinen Zugang zu Trinkwasser oder Strom hat... Dem ANC wird vorgeworfen, nicht für jene Bevölkerungsgruppe zu sorgen, die so arm ist, dass sie nicht einmal Gebühren für die Gemeindeverwaltung, für Wasser oder gar Strom zahlen kann. Überlegungen in der Regierung, den Ärmsten eine Sozialfürsorge etwa in Form von Gutscheinen für den Bezug von Wasser und Strom zu geben, gibt es seit Jahren, sie blieben aber Pläne... Auch auf dem Land gibt es aber wie in Zimbabwe Unrast, die mit der Landverteilung zusammenhängt. Das Farmland gehört überwiegend Weißen... Die im Parlament vertretene Freiheitsfront sagte, die Morde an den Landwirten seien gesteuert und entwickelten sich zu einem "ethnischen Massaker". Seit Jahresbeginn wurden fast 400 Höfe angegriffen... Seit 1991 wurden fast 1100 Landwirte ermordet.

Robert von Lucius: Kritik an südafrikanischer Landpolitik, Frankfurter Allgemeine Zeitung 1.8.2001

 

C23 

Entwicklungschancen in Soweto

a Soweto bei Johannesburg, Wohnort von schätzungsweise zwei Millionen Menschen
Bild aus Peter Joyce: Südafrika, Köln (Könemann) 1999, S.37

 

b  Erfolg als Geschäftsfrau

Fanny Mokoena, die 50-Jährige..., ist so etwas wie eine Hoffnungsträgerin für Sowetos aufkommenden Mittelstand. Nachdem sie jahrelang in einem Reisebüro gearbeitet hatte, entdeckte sie eines Tages, dass sie mit ihrem am Wochenende geöffneten Shebeen (Kneipe im Hinterhof oder im Wohnzimmer) mehr Geld verdienen konnte... Heute ist sie nicht nur stolze Besitzerin einer Tankstelle sowie eines Souvenirshops, sondern auch einer florierenden Shebeen und eines der wenigen Esslokale in Soweto... Die erfolgreiche Unternehmerin hat sich mit anderen Geschäftsfrauen zusammengeschlossen und versucht, Soweto als Ziel für Besucher zu etablieren... Zwar kommen mittlerweile gut tausend ausländische Besucher pro Tag nach Soweto, doch deren Busse halten nur an bestimmten Sehenswürdigkeiten wie dem ehemaligen Haus des früheren südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela... "Ich frage mich oft, was die sich wohl in ihren Bussen denken mögen. Ich wünsche mir, dass sie uns hier als echte Menschen erleben", seufzt Fanny.

Ralf E. Krüger in: Badische Neueste Nachrichten 6.11.2002

 

C24 

Kampf gegen Kriminalität

Zum Jahreswechsel 1995/96 hatte der Polizeichef Südafrikas vor einem Gangsterstaat gewarnt, in dem Verbrecher die mühsam errungenen demokratischen Rechte mit Füßen träten. Drogen- und Waffenhandel, Prostitution, Schutzgelderpressungen und Autodiebstähle häuften sich nach einem Bericht von 2001 vor allem in den Townships.

Nach einigen erschreckenden Vorfällen in der letzten Zeit möchte endlich die Western Cape Regierung in die Sicherheit der unzähligen Townships in der Region investieren. Leonard Ramatlakane, der Chef der Kapstädter Polizei, sagte..., dass die neu angeworbenen Polizisten verstärkt in den Townships eingesetzt werden sollen... Zwischen 1994 und 2000 wurde das Budget der Polizei drastisch zurückgeschraubt... Gleichzeitig wurde die Präsentation der Polizei in Innenstädten und in den touristischen Regionen verstärkt... In den Villenvororten der Großstädte sorgen viele neugegründete Wachunternehmen für die Sicherheit der Anwohner, allerdings in den Gegenden der ärmeren und armen Bewohner ist das Defizit bei der Polizei deutlich zu spüren. 2001 wurde das Budget der Polizei wieder aufgestockt, aber hier wurde zunächst erst einmal viel in die Kameraüberwachung der Innenstädte... investiert. Die öffentlichen Kameras und die Überwachungskameras der Geschäfte der Randregionen sollen nun zentral von der Polizei überwacht werden, allerdings kann dies nur der erste Schritt sein. Denn in den Townships gibt es nur wenige Geschäfte und Unternehmen, die sich eine Überwachungskamera leisten können.

Nach Thoralf Teubner, Kapstadt News 18.1.2002,  
http://www.kapstadt-tour.de

 

C25 

Schwarze Geduld und weißer Schmerz

"Den Weißen ist eine Macht geblieben: sie können ihr Kapital exportieren, und sie können auswandern - zumindest diejenigen, die Südafrika am meisten braucht" - sagte ein führendes ANC-Mitglied. Diese Überlegungen führten zu dem Schluss, eine Verringerung des Wohlstandsgefälles könne nicht durch Umverteilung, sondern nur durch zusätzliches Wachstum erfolgen. Ein Lastenausgleich nach deutschem Vorbild wurde zwar geprüft, aber als untauglich für Südafrika befunden. Vielmehr wurde die Wirtschaftspolitik darauf ausgerichtet, Kapitalflucht zu vermeiden und attraktive Bedingungen für Kapitalimport zu schaffen. Der Staatshaushalt wurde konsolidiert, die Privatisierung öffentlicher Unternehmen vorangetrieben...

Die mit dieser Politik verbundenen Erwartungen auf Aufschwung wurden freilich enttäuscht. Da das Wachstum auf etwa ein Prozent fiel, gab es nur wenig zum Umverteilen. Die Arbeitslosenquote stieg auf 40 Prozent der Erwerbsbevölkerung. Dennoch hielt die Regierung an ihrer strikten Konsolidierungspolitik fest...

Das Festhalten an ökonomischer Vernunft wird der Regierung erleichtert durch die Geduld der schwarzen Bevölkerung... Meinungsumfragen zufolge ist diese zwar enttäuscht..., eine große Mehrheit sieht aber ein, dass Hoffnungen auf eine schnelle und einschneidende Änderung der Lebensverhältnisse wenig realistisch wären. Spürbare Verbesserungen, insbesondere die Elektrifizierung der von Schwarzen bewohnten Vorstädte und ländlicher Gebiete, werden hingegen dankbar zur Kenntnis genommen... In bemerkenswertem Gegensatz zur Geduld der schwarzen Mehrheit steht der rasche Anstieg von Unzufriedenheit bei der weißen Minderheit. Obwohl sich der Lebensstandard bei der weißen Ober- und Mittelschicht nicht merklich verschlechtert hat, schmerzt sie nun, mit einer Verzögerung von einigen Jahren, der Verlust ihrer politischen Macht.

Theodor Hanf: Friedlicher Übergang in einer zerklüfteten Gesellschaft, Frankfurter Allgemeine Zeitung 2.6.1999

 

C26 

Steigerung der Weinexporte

Der Export von südafrikanischem Wein in die Bundesrepublik Deutschland hat sich von 1991 bis heute mehr als versechsfacht. Nach Großbritannien und den Niederlanden ist die Bundesrepublik der drittgrößte Abnehmer. Die Tabelle zeigt die Entwicklung der Gesamtexporte in Millionen Liter.

 

Jahr 


1991
1992 
1993 
1994 
1995 
1996
1997 
1998 
1999 
2000 
2001 

Millionen Liter


21,8
20,7
23,2
48,4
71,2
98*
108,5
116,8
127,6
138,4
176*

* Angaben geschätzt

Nach Südafrika Weininformation, Cochem, http://www.suedafrika-wein.de und S A Wine Industry Information, Paarl, http://www.sawis.co.za

 

C27 

Selbstachtung durch Arbeit

Nelson Mandela würde das Hemd gefallen. Strauße schreiten majestätisch über die Vorderseite, auf dem Rücken verschränken Elefanten ihre Rüssel... In den Räumen des Sobambisana Community Center (in Crossroads, einem der ärmsten Vororte von Kapstadt) arbeitet Zandile Mayekiso schon wieder an einem neuen Stoffdruck... Währenddessen spielen ihre Kinder im angegliederten Kindergarten. Alle... Frauen sind allein erziehende Mütter, alle sind farbig, keine von ihnen hat eine Berufsausbildung, keine von ihnen hatte Geld. "Und Hoffnung auf eine bessere Zukunft auch nicht", sagt Priscilla Mantlana... "Nicht nur, dass ich jetzt Geld verdiene, ich kann auch andere Frauen ermutigen hierher zu kommen". Denn eines, fährt sie fort, sei noch wichtiger als der Erfolg der Stoffdruckerei: "Ich werde zum ersten Mal in meinem Leben mit Respekt behandelt." Und Zandile ergänzt: "Ich weiß jetzt, was es bedeutet, Ehre zu haben. Sie tut so gut."

Anna Roman in: Südafrika, Sonderveröffentlichung von South African Tourism in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 27.11.2001

 


 


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