Zeitschrift Südliches Afrika Bilder
und Realitäten Heft 1/2003
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Von der Landnahme der Weißen bis zur ApartheidDer Raum Um welche Region handelt es sich, wenn wir vom Südlichen Afrika sprechen? Peter Meyns hat sich um eine Festlegung bemüht. Sie wird in diesem Heft geteilt - bis auf die Zuordnung Tansanias.
Die aus dem Buch von Meyns stammende vereinfachte Karte (B 1) kann nur eine erste Information sein. Wandkarte und Atlas sollten den Unterricht begleiten.
Afrikanische Geschichte - afrikanische Kulturen "Was wir eigentlich unter Afrika verstehen, das ist das Geschichtslose", so Hegel in seinen Berliner Vorlesungen 1830. Vielleicht konnte er es noch nicht besser wissen, aber was ist davon zu halten, wenn der bekannteste Afrikaforscher der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, Frobenius, folgendes formuliert: "Eine merkwürdige Rasse, diese Neger. Ohne aktive Energie, ohne positive Schaffenskraft, von allen Völkern, mit denen sie zusammenkamen, geknechtet und zu Sklaven gemacht" (Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit: 100 Jahre deutscher Rassismus, Köln 1988, S.213). Natürlich schreibt er für ein europazentrisches, durch die imperialistischen Erfolge immer neu seine Überlegenheit bestätigt findendes Bürgertum. Was blieb dann von den Besiegten des "dunklen" Erdteils? Auf den Weltausstellungen, bei Hagenbeck und in anderen Tierparks der europäischen Weltstädte (bis 1929), in Panoptiken oder als Show, die von Ort zu Ort zog, wurden "Menschen anderer Rassen... in sogenannten Völkerschauen vorgeführt... Die Menschen ferner Länder und ihre dargestellte Kultur dienten als Beweisstücke europäischer Überlegenheit und als Rechtfertigung kolonialen Sendungsbewusstseins" (Institut für Auslandsbeziehungen / Württ. Kunstverein: Exotische Welten. Europäische Phantasien, Stuttgart, 1987, S.22). Mit einem entsprechenden Test lässt sich leicht herausfinden, ob Schüler auch im Wesentlichen wegen des exotischen Reizes sich mit dem Südlichen Afrika beschäftigen wollen. Eine Unterrichtseinheit, die von anderen Voraussetzungen geprägt ist - Neugierde, Abbau von Vorurteilen durch Informationsschübe - bedarf einer grundsätzlichen Vorarbeit. Zur Analyse mit den Schülern empfiehlt sich ein differenzierter Vergleich zwischen Afrika und Europa (siehe Text von Winrich Kühne im Kasten, S.9). Zu erörtern ist, ob derartige Vergleiche zulässig sind. Wenn ja, wo liegen ihre Stärken, ihre Schwächen? Dies genau könnte die Fragestellung einer Diskussion im Unterricht sein. Zu der langen Geschichte Afrikas und zu den afrikanischen Lebenssituationen und Kulturen können in diesem Heft kaum Materialien angeboten werden. Wo dafür ein fachspezifisches oder fächerübergreifendes Projekt stattfinden kann, geht es natürlich auch um handlungsorientiertes Arbeiten. Dazu ist zum Beispiel der Besuch eines Völkerkundemuseums in der näheren oder weiteren Region der Schule möglich (in Mannheim, Heidelberg, Freiburg, Stuttgart, Basel, Zürich, Saarbrücken oder München, auf Studienfahrten auch in Paris, Brüssel und Berlin). Die Schüler können nicht nur der fremden Kultur begegnen, sondern sie können selbst entdecken, wie heute moderne ethnologische Sammlungen das Leben und die Kunst außereuropäischer Kulturen präsentieren, und sie können vielleicht auch ein Gespräch mit den Verantwortlichen führen.
Händler, Bauern, Missionare Um die Einwirkungen der Europäer und afrikanische Reaktionen geht es in diesem Abschnitt. Was für die Europäer ganz verschiedene und von verschiedenen Ländern und deren Menschen zu verantwortende Vorgänge im Südlichen Afrika sein mögen, erscheint aus schwarzer und farbiger Sicht als Einheit mit verschiedenen Facetten. Nur wenige Vorgänge haben gute Erinnerungen, viele haben traumatische Erfahrungen hinterlassen. B 2 a und B 2 b laden zum Vergleich ein. Die beiden Materialien zur christlichen Mission sind kontrovers ausgesucht. Arbeitsaufgaben wie der Vergleich der Intentionen und die Beurteilung der Wirkung auf die verschiedenen Stämme und deren Einzelpersonen bieten sich an. Für die Multiperspektivität kann dafür in einer Einheit in Religion oder Ethik noch mehr getan werden. Da haben einerseits die Missionare in Südwestafrika in den blutigen Auseinandersetzungen zwischen Hottentotten und Herero immer wieder mildernd gewirkt und viel für die Erforschung der verschiedenen Sprachen getan, andererseits gibt es genügend Beispiele, in denen die Mission an vorderster Front bei der Zerstörung der Identität stand. Ein Schriftsteller aus Kamerun, Mongo Beti, hat eine hervorstechende Rolle von Missionaren unnachahmlich charakterisiert (siehe Kasten).
Buren und Engländer Die Buren sind für die deutschen Schüler von heute mit Sicherheit kein Identifikationsobjekt, wie sie es teilweise für ihre Vorgänger um 1900 waren. Jedoch wird es heutigen Schülern leicht fallen, die in B 5 und B 8 vorgestellten Vorgänge und Einstellungen mit jenen bei der Eroberung des "Wilden Westen" in den USA zu vergleichen, vor allem wenn man die Heroisierung in "Edel-Western" heranzieht. Wo die Beschäftigung im Geschichtsunterricht mit dem Thema "Imperialismus" Anschauung benötigt, ist B 6 nützlich; man findet dort Hinweise zu einer Diskussion, ob Imperialismus und moderner Krieg Geschwister sind. B 5 und B 6, B 9 bis B 13 können auch Anlass sein, die Schüler einem Perspektivenwechsel auszusetzen: Sie sollen versuchen, die Vorgänge und Gegebenheiten aus Sicht der Buren, aus Sicht der Engländer, aus Sicht der Schwarzen und Farbigen zu beschreiben, zu bewerten und in Rollenspielen darzustellen.
Apartheid: Ideologie und Realität "Wir sind ein weißer Stamm, der eine überholte Vision von westlicher Zivilisation verfolgt", sagt Breyten Breytenbach, ein weißer, gegenüber der Apartheid kritisch eingestellter südafrikanischer Schriftsteller. Seit der Konkretisierung der burischen Ideologie im "Großen Treck" und danach hat es mehr als 150 Jahre gedauert, bis eine Mehrheit der Weißen in Südafrika dieser Aussage Breytenbachs uneingeschränkt zustimmen würde. Für Schüler kann man das Zitat in einer Klausur an das Ende von Baustein B stellen und es dann mit dem erarbeiteten Wissen erörtern lassen. Die Materialien B 8 und B 9 zeigen uns schon viele Facetten einer geschlossenen Weltanschauung, die für die Herrschaftsausweitung und den Überlebenskampf der Buren im 19. Jahrhundert sehr nützlich war und sich nicht von den nationalistischen und rassistischen Parolen aus anderen imperialistisch geprägten Gesellschaften dieser Zeit unterschied. Das 20. und das beginnende 21. Jahrhundert sind dann keineswegs davon freigeblieben. Anachronistisch war in Südafrika wie in den USA der Fünfziger- und Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts lediglich die Praxis, die sich aus einer solchen Ideologie ergab. Gegen diese erhob sich hier wie dort auch der Widerstand, lange in gewaltfreien Formen. Lehrreich ist es, die Weltanschauung der Apartheid mit der des Nationalsozialismus zu vergleichen. Aber reizvoll wäre es auch, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit dem Englisch-Unterricht, die Bürgerrechtsbewegung und ihre Träger in den USA mit den Etappen des Kampfes gegen die Apartheid in Südafrika besonders von Seiten des ANC zu vergleichen (Martin Luther King und Steve Biko; Stokely Carmichael und Miriam Makeba). Walter Michler (Weißbuch Afrika, S. 218) hat, was er in B 8 zur Apartheid ausführt und was in B 10 bis B 17 verdeutlicht ist, in einem detailreichen Schaubild zusammengestellt, das für Schüler einen guten Überblick zur Sicherung des Erarbeiteten bietet (Schaubild 4).
Schaubild 4: Die historische Entwicklung des burischen Nationalismus
Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft "Gewöhnlich wird das Apartheid-System als altmodisches Relikt eines sterbenden Kolonialismus angesehen; möglicherweise verkörpert es jedoch eines der effektivsten Muster oligarchischer Herrschaft", meint Heribert Adam (Südafrika. Soziologie einer Rassengesellschaft, Frankfurt a. M. 1969, S. 20). Am Ende waren es vielleicht 2 000 Gesetze und Verordnungen, mit denen die Apartheid geregelt und zementiert wurde (B 11 bis B 14, B 17). Konsequent und einfallsreich wurde die weiße Vorherrschaft abgesichert. Als sich durch die Entkolonialisierungswelle die ideologischen und realen Bedingungen dafür verschlechterten, versuchte man eigene "Entkolonialisierung" zu betreiben, indem man die einzelnen Stämme in die ihnen zugedachten "Homelands" entließ und umsiedelte. Die Homelands sollten sogar "unabhängige" Staaten sein oder werden. Mit dieser Politik wären rund 87 Prozent des südafrikanischen Bodens (teilweise von bester Qualität) für etwa 13 Prozent der Bevölkerung, nämlich die Weißen, reserviert worden - und zwar "schwarzenfrei". Auf der anderen Seite hätten 13 Prozent des Bodens (zum Teil von schlechter Qualität) den rund 75 Prozent Schwarzen zur Verfügung stehen sollen. Die Möglichkeit, sich so ein ständiges billiges Arbeitskräftepotenzial außerhalb des eigenen Staatsgebiets zu halten, erschien äußerst reizvoll. Unter veränderten Bedingungen ist dies mit Lesotho und anderen Staaten heute weiterhin der Fall (B 15 und C 27). Mit B 10 bis B 12 und B 14 bis B 17 wird auf multiperspektivische Weise die von der Apartheid geprägte "Normalität" von Förderung und Verelendung sowie rassenbestimmter Rechtsprechung sichtbar. Gerade für Schüler sind folgende Zahlen interessant und aufschlussreich: 1988 betrug die Schüler-Lehrer-Relation bei Weißen 18 zu 1, bei Indern 21 zu 1, bei Farbigen 23 zu 1, aber bei Schwarzen 40 zu 1. 79 Prozent der weißen, aber nur 19 Prozent der schwarzen Kinder eines Jahrgangs absolvierten die 10. Klasse erfolgreich (nach: Jörn Rüsen u. a.: Afrika, Centaurus, Pfaffenweiler, 1992, S. 175).
Gegenwehr Die gesteigerte Inszenierung der Apartheid bedingte auch einen Wandel in den Formen, wie man ihr Widerstand entgegensetzte. Von der Gewaltfreiheit (wie bei Gandhi, dessen südafrikanischer Anteil in dem Film von David Attenborough schön zu sehen ist) über Aufruhr, Gewalt gegen Sachen, nationalen Befreiungskampf von außen bis hin zum Bombenterror im Land haben sich Gruppen innerhalb des ANC bewegt. Das letzte Stadium erreichten sie nach siebzig Jahren. Die verschiedenen Etappen des Widerstands, der Forderungen und der Reaktionen des Staates (B 18 bis B 26 und Zeittafel) können von einzelnen Arbeitsgruppen auf Plakaten dargestellt werden. Besondere Anschauung und einen persönlichen Bezug gewinnen Schüler, wenn sie einen der Spielfilme ("Zwei Welten" oder "Schrei nach Freiheit") und die Lebensgeschichte von Nelson Mandela, eines der Jugendbücher oder einen Roman (siehe Literaturverzeichnis) kennen lernen. Vielleicht ist hier sogar eine Ganzschriftlektüre im Geschichts- oder Gemeinschaftskundeunterricht möglich. Die Materialien B 26 a und B 26 b sind geeignet, über das auch in Zukunft immer wieder aktuelle Thema "Terror und Staatsterror" nachzudenken. B 26 a provoziert wie einige Biografien aus dem "Dritten Reich" das Nachdenken darüber, ob man es hier mit einem Sadisten oder einem überzeugten Anhänger des Systems oder einem pflichteifrigen Staatsdiener zu tun hat, oder mit einer Mischung aus allem. Gerade im Religions-, Ethik- oder Philosophieunterricht können die in B 26 b enthaltenen Äußerungen Ausgangspunkt einer Diskussion um Werte und Verantwortung sein.
Umdenken und Neuorientierung Der Baustein B endet, der geschichtlichen Entwicklung folgend, mit einem sehr positiv zu bewertenden Szenario. Südafrika ist es gelungen, eine grundsätzliche Veränderung und Verbesserung des Systems (nicht bloß einen Machtwechsel) herbeizuführen, ohne dass eine Revolution mit extrem negativen Begleiterscheinungen stattfand. Es hätte nicht so ausgehen müssen. Henning Mankell zeigt davon einiges in seinem (auch verfilmten) Thriller "Die weiße Löwin". Buch und Film sind für Schüler lesens- oder sehenswert. In B 27 können die Schüler die verschiedenen Argumentationsebenen herausarbeiten. Die Darstellungen des Umbruchs in B 28, aber auch in C 11 bis C 13, sollten auf ihre jeweilige Kernaussage verkürzt werden und dann die jeweiligen Blickwinkel einander gegenübergestellt werden. Die in B 29 beschriebenen und gewürdigten Haltungen der Akteure können in einem Schülerreferat des Neigungsfaches Gemeinschaftskunde mit Max Webers Vorstellung von "Politik als Beruf" verglichen werden. BAUSTEIN B Von der Landnahme der Weißen
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