Zeitschrift Südliches Afrika Bilder
und Realitäten Heft 1/2003
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Die Buren sind glühende Anhänger eines calvinistisch geprägten Protestantismus. In einer theologisch primitiven Interpretation des Alten Testaments sehen sie in den Schwarzen die Nachfahren des von Noah verworfenen Sohnes. Diese Verworfenen... sollen einerseits den Nachkommen der anderen Söhne dienen, und andererseits dürfen sich die Erwählten mit diesen Schwarzen nicht vermischen... Für das Selbstverständnis und die Identität der Buren gedeiht der ,Große Treck' zur historischen Herausforderung: Sie müssen sich bewähren, und erst durch diese Bewährung können sie die völlige Selbstgewissheit erlangen, dass sie tatsächlich das von Gott erwählte Volk sind. Derart innerlich wie äußerlich motiviert, gelingt es ihnen tatsächlich, gegen eine lebensbedrohende Natur und eine Überzahl von Feinden zu bestehen..., deren Unterwerfung gilt von nun an als von Gott gewollt... Um die Jahrhundertwende... kommt es zum zweiten großen Kampf der Buren... Ganze 450 000 Mann müssen die Engländer einsetzen, um die Buren niederzuringen. Obwohl geschlagen, können die Buren in der 1910 gegründeten Südafrikanischen Union ihre Vorstellungen durchsetzen. Es bleibt dabei: Die Einheimischen gelten auch fortan als Menschen zweiter Klasse. Schon jetzt beginnt ihre Abschiebung in Reservate... Ihren eigentlichen Widersacher sehen die Buren... in den Engländern, durch die sie sich der Früchte ihres ,Großen Trecks' beraubt sehen. Ein jahrzehntelanger Emanzipationskampf... beginnt. 1948 wird schließlich auch dieser Sieg errungen. Die NP, die burische Nationalpartei, übernimmt mit absoluter Mehrheit die Macht... Während sich die europäischen Mächte anschicken, den kolonialisierten Völkern Afrikas Schritt um Schritt - oft nur über den Weg des bewaffneten Befreiungskampfes - ihre Selbstbestimmung und Unabhängigkeit "zuzugestehen", praktizieren die weißen Herren am Kap eine entgegengesetzte Strategie. Sie nehmen den Schwarzen, Mischlingen und Asiaten die wenigen Rechte, die sie noch besitzen. Kurzum: Sie beginnen mit der Perfektionierung des Apartheidsystems! Walter Michler: Weißbuch Afrika, Berlin (Dietz), 1988, S. 216 u. 219
Aus einem Bericht des Missionars und Senators für Südwestafrika in Kapstadt, Heinrich Vedder, von einem Gespräch mit dem 1948 zum Premierminister gewählten Daniel Malan Die Apartheid ist zwischen Weiß und Schwarz wie ein breiter Strom, der ein Gelände in zwei Teile zerlegt... Weil die Scheidelinie ein Strom ist, so haben beide Teile ihren gleichen Nutzen davon, denn Wasser ist ein wichtiger und doch oft rarer Artikel in Afrika. Es muss aber dafür gesorgt werden, dass Brücken gebaut werden, breit und fest genug für den Verkehr für alle, hüben und drüben. Die alten Brücken, die der Unverstand errichtet hatte, sind morsch und haben viele Unglücksfälle hervorgerufen, die hätten vermieden werden können. Die Blutvermischung zwischen Weiß und Schwarz hätte nie erlaubt sein sollen. Sie hat ein Problem geschaffen, das in Jahrhunderten kaum gelöst werden kann. Die Brücke des Zusammenwohnens in Städten und Dörfern bringt dauernd Zusammenstöße, sittliche Gefahren, Ärgernisse und Entfremdung auf beiden Seiten mit sich... Die Brücke gemeinsamer Wahlen hat gezeigt, dass der Kommunismus darauf ins Parlament und in den Senat eindringt. Es liegt kein Unrecht darin, wenn gemeingefährliche Brücken abgebrochen werden... Dagegen muss die Brücke der Arbeit breit und fest sein; denn der schwarze Arbeiter kann nicht leben ohne den weißen Arbeitgeber, und der Weiße kann nicht vorwärts kommen ohne den schwarzen Arbeitnehmer. Hans Jenny: Südwestafrika, Stuttgart (Kohlhammer), 3. Aufl. 1968, S. 151 / 2
Nach dem Population Registration Act (Meldegesetz von 1950, das im Juni 1991 aufgehoben wurde) unterlag jeder - ob Mann, Frau oder Kind - einer offiziellen Rassenzuordnung als "Afrikaner", "Asiate", "Farbiger" (Mischling) oder "Weißer"... Mit Hilfe zahlreicher Gesetze wurde versucht, die Rassen auf Dauer voneinander zu trennen. Aufgrund des Group Areas Act war jede der vier Rassen gezwungen, in bestimmten Wohngebieten zu leben, die ausschließlich den Angehörigen jeweils einer Rasse vorbehalten waren. Die Siedlungen der Schwarzen, "Town-ships" genannt, wurden meist in möglichst großer Entfernung zu den Wohnvierteln der Weißen errichtet; dazwischen ließ man "Pufferzonen". Um eine durchgängige Trennung der Wohngebiete zu erreichen, siedelte die Regierung über 600 000 Menschen von der "falschen" Gegend, in der sie wohnten, in die vorgesehene "richtige" um... Ohne afrikanische Arbeitskräfte hätte die Wirtschaft keinen Tag lang funktionieren können, und so zielten... Passgesetze darauf ab, die Anzahl der Afrikaner in den Städten auf das von den weißen Unternehmern benötigte Minimum zu beschränken. Landbesitz war den Afrikanern aufgrund der Land Acts nur in den zehn für sie vorgesehenen Homelands (Heimatländern!) gestattet. Im übrigen Teil des Landes, der hier als "für die Weißen vorgesehenes" oder "weißes" Gebiet bezeichnet wird, war es Schwarzen nicht erlaubt, Grund und Boden zu erwerben. Drei bis vier Millionen Afrikaner... wurden... aus dem für die Weißen bestimmten Gebiet in die Homelands umgesiedelt... Es gab fast keinen Lebensaspekt, der nicht von der Apartheid beherrscht worden wäre. Als Schwarzer wachte man... in einer Schwarzensiedlung auf, schickte seine Kinder auf eine Schule für Schwarze, fuhr mit einem für Schwarze bestimmten Bus zum Arbeitsplatz... Am Arbeitsplatz musste man andere Toiletten und eine andere Kantine aufsuchen als die Weißen, und bei einem Arbeitsunfall wurde man von einem Krankenwagen für Schwarze in ein Krankenhaus für Schwarze gebracht. Das Fußballspiel am Wochenende fand ebenfalls getrennt von den Weißen statt... Die Apartheid setzte sich selbst im Tode noch fort: Die Friedhöfe waren ebenfalls nach Rassen getrennt. John Kane-Berman: Südafrikas verschwiegener Wandel, Zürich (Edition Interfrom) 1992, S. 8f.
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