Zeitschrift 

Südliches Afrika

Bilder und Realitäten

Von der Landnahme der Weißen zur Apartheid

Probleme und Chancen heute
 

Heft 1/2003 
Hrsg.: LpB

 



 

Inhaltsverzeichnis

B 25 und B 26 

Zuspitzung des Konflikts


 

B25 

Vom "Cordon sanitaire" zur "totalen nationalen Strategie"

Etwas später als die Guerillatätigkeit des ANC begannen in Namibia, Angola, Mosambik und Rhodesien bewaffnete Befreiungskämpfe. Der ANC fand dort und in inzwischen unabhängig gewordenen Staaten Afrikas Unterstützung. Die Auseinandersetzungen wurden auch Teil des Ost-West-Konflikts, zumal als die Kolonialherrschaft in Angola und Mosambik und die weiße Siedlerherrschaft in Südrhodesien durch "schwarze Revolutionsregime" abgelöst wurden.

 

Südafrikas "Cordon sanitaire" im Südlichen Afrika 1970

Karte: Peter Meyns: Konflikt und Entwicklung im Südlichen Afrika, Opladen (Leske + Budrich) 2000, S. 46

 

Südafrikas Bedrohungsanalyse führte Ende der siebziger Jahre zu der Vorstellung eines Totalangriffs von Kommunismus und Terrorismus, dem nur mit einer "totalen Strategie" nach außen und nach innen begegnet werden konnte. Deshalb wirkte Südafrika auf eine Destabilisierung der Region hin, "durch die Unterstützung von gegen missliebige Regierungen gerichtete Widerstandsgruppen" und "mit direkten Angriffen gegen die Nachbarstaaten, die immer mit der Abwehr bevorstehender Angriffe des African National Congress (ANC) oder anderer südafrikanischer Befreiungsbewegungen... gerechtfertigt wurden".

Im Innern versuchte die Regierung das Apartheidregime durch Zugeständnisse an "Inder" und "Farbige" und durch rücksichtslose Härte gegenüber Protesten der "Schwarzen" zu festigen. "Schließlich wurde... 1985 der landesweite Notstand ausgerufen, der dem staatlichen Repressionsapparat praktisch uneingeschränkte Befugnisse gab. Damit manövrierte sich Südafrika aber in eine verstärkte Isolierung."

Nach Peter Meyns: Konflikt und Entwicklung im Südlichen Afrika, Opladen (Leske + Budrich) 2000, S. 54-66

 

B26 

Die Eskalation des Terrors

a  Staatsterror

Von 1981 bis 1991 entwickelten die als Forschungslabors getarnten Giftküchen des Dr. Basson Spezialwaffen...: Spazierstöcke, die vergiftete Kugeln abschossen..., mit Milzbrandbakterien infizierte Zigaretten und mit Unkrautvernichter versetzter Whisky. Bassons Auftrag lautete, nicht nachzuweisende Substanzen zur Ermordung schwarzer Befreiungskämpfer zu finden... Der Erforschung eines Mittels, das nur Schwarze unfruchtbar gemacht hätte, galt sein ganz besonderes Interesse... Die meisten Opfer der Giftcocktails... waren, so die Anklage, in südafrikanische Gefangenschaft geratene Swapo-Kämpfer der Befreiungsbewegung für Südwestafrika, dem heutigen Namibia.

Von seinen Vorgesetzten im Militärhauptquartier in Pretoria beauftragt, die überfüllten Lager auszudünnen, lieferte Basson muskellähmende Substanzen, die, in Überdosen verabreicht, zum Ersticken führen... Auch Nelson Mandela... stand auf der Liste des Arztes mit der Lizenz zum Töten. Dem Schwarzenführer war ein schleichender Gesundheitsverfall zugedacht. Seinen Medikamenten sollte das giftige Schwermetall Thallium beigemischt werden.

Birgit Schwarz: Dr. Mengele am Kap, in: Der Spiegel 40/1999

 

b  Der zweiundvierzigste Anschlag in sechs Monaten

Vierzig Kilometer südlich des Stadtzentrums von Durban liegt Amanzimtoti, ein hübscher Badeort für Weiße. Während der Hochsaison sind hier alle Unterkünfte ausgebucht, und das Sanlam-Einkaufszentrum... macht ein blendendes Geschäft. [Es war] kurz vor Weihnachten... 1985, als plötzlich eine ohrenbetäubende Explosion ein Dutzend oder mehr Schaufensterscheiben bersten ließ, Tausende tödlicher Glasscherben in alle Himmelsrichtungen schleuderte... [Es] wurden ein Kleinkind, ein Junge, ein Mädchen und zwei Frauen getötet, siebzehn weiße Jungen und Männer, achtundzwanzig weiße Frauen und Mädchen, ein schwarzer Mann und zwei schwarze Frauen verletzt...; in der Gegend von Durban... war es der fünfzehnte Anschlag innerhalb der letzten sechs Monate, in Südafrika der zweiundvierzigste ...

Heimi Smit, dessen achtjähriger Sohn bei dem Bombenanschlag ums Leben kam, erklärte : "Die Regierung muss Gespräche mit dem ANC führen und eine friedliche Lösung suchen. Ich bin der Überzeugung, dass mein Sohn als Held für Südafrika starb. Mir würde es genügen, wenn sein Tod und der Tod der anderen vier Menschen zu einem besseren Südafrika führen würde." In der katholischen Kirche von Amanzimtoti sagte Pater John O' Burne am Weihnachtstag: "Weiße trugen Verantwortung für die Situation, die zu diesen furchtbaren Mordanschlägen geführt hat; sie sollten anfangen, etwas zur Veränderung der Situation zu unternehmen..."

Zwei Monate nach dem Bombenanschlag wurde ein schmächtiger, neunzehnjähriger Jugendlicher in Durban vor Gericht gestellt. Sein Name war Andrew Zondo...

(Zur Entlastung des Angeklagten rief die Verteidigung Prof. Fatima Meer, Soziologin an der Universität von Durban, in den Zeugenstand.)

Verteidiger: Würden Sie bitte etwas zu den Kräften sagen, die den Angeklagten zu der Tat, die er begangen hat, veranlasst haben dürften.

Fatima Meer: Die Erfahrung des Rassismus, das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, dass Mittel wie Boykotts die Situation nicht ändern können, die Enttäuschung darüber, dass Organisationen oder Leute, die ihn am besten vertreten könnten, verboten, gebannt oder im Gefängnis sind.

(Das Gericht verurteilte Andrew Zondo zum Tode. Er wurde 1986 hingerichtet)

 

Zusammenstellung: W. K. nach Fatima Meer: Morgen werden sie mich hängen, Reinbek (Rowohlts Taschenbuchverlag) 1989, S. 11-14, 114, 126/7

 


 


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