Zeitschrift 

Regionen in
Baden-Württemberg

Geleitwort
des Ministeriums
für Kultus, Jugend und Sport

Heft 1/2001 , Hrsg.: LpB



 

Inhaltsverzeichnis 

 

Da zieht einer nach Südfrankreich und träumt von Wurstsalat, der andere schwärmt in den USA von Laugenbrezeln und es soll sogar diejenigen geben, die ihre Spätzlespresse selbst in den Urlaub mitnehmen. Nicht nur, aber auch beim Essen zeigt sich oft eine enge Verbundenheit von Menschen mit der Gegend, aus der sie stammen. Heimatverbundenheit könnte man das nennen, wäre der Begriff Heimat nicht vielen verdächtig. Was aber ist das für ein sonderbares Gefühl, das sich mit einer bestimmten Landschaft verbindet? Zeigt sich im Nachdenken darüber nicht engstirniger Provinzialismus, wo doch europäisches und globales Denken zeitgemäß ist? Gibt es so etwas wie Heimat noch in einer durch hohe Mobilität gekennzeichneten Gesellschaft?

In einem Jahr feiert Baden-Württemberg seinen fünfzigsten Geburtstag - Zeit, über den Jubilar nachzudenken und zu fragen - wie es das vorliegende Heft der Landeszentrale für politische Bildung tut, ob es dieses erst 1952 geschaffene Bundesland nur in den Köpfen oder auch in den Herzen seiner Bewohner gibt; ob sich die Baden-Württemberger mit ihrem Land identifizieren. Auf der Suche nach einer baden-württembergischen Landesidentität stößt man zunächst auf eine Anzahl unterschiedlicher regionaler Identitäten und auf die erstaunliche Beobachtung, dass die Identifikation mit den Regionen oft größer ist als die Identifikation mit dem noch jungen Bundesland. So haben z.B. Schwaben und Badener, Hohenloher und Kurpfälzer ein je eigenes Selbstverständnis, das geprägt wird durch Landschaft, Kultur, Geschichte und Dialekt.

Also doch miefiger Provinzialismus? Es gelingt dem Heft, diesen Vorwurf gar nicht erst aufkommen zu lassen. Die Materialien und Unterrichtsvorschläge sind offen und nicht normierend angelegt, sodass jeder ein eigenes Bild seiner Region entwickeln kann, damit nicht billiger Lokalpatriotismus erzeugt und Klischees verfestigt werden. Um Missverständnisse auszuschließen: Regionalismus wird nicht isoliert, sondern als notwendige Ergänzung zur Globalisierung betrachtet. Außerdem wird die regionale Identität nur als Teil einer komplexen, vielfach geschichteten räumlichen Identität begriffen, als Nebeneinander von lokaler, regionaler, nationalstaatlicher und supranationaler Identität. Hier wird keine rückwärts gewandte und folkloristische Einstellung zur eigenen Region vermittelt, sondern im Gegenteil der Versuch unternommen, den Horizont der Jugendlichen, im geografischen wie im übertragenen Sinne, zu erweitern. Schülerinnen und Schüler werden ermuntert, den eigenen

Standort zu reflektieren und sich bewusst zu machen, inwieweit sie sich mit ihrer Region und mit ihrem Land identifizieren.

Johanna Seebacher
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport

 


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